Auf der Deutschen Alpenstraße nach Scheidegg und Füssen – Tag 2

Idylle pur entlang der Jochpassstraße.
Idylle pur entlang der Jochpassstraße. (Foto: Carolin Wittmann)

Während die erste Etappe auf der Deutschen Alpenstraße in Lindau am Bodensee begann, geht es an Tag 2 mit dem E-Auto weiter nach Füssen und Bad Scheidegg.

„Es soll regnerisch werden“, unke ich beim Frühstück. Carolin setzt dagegen: „Solange es Croissants gibt, ist das egal.“ Dann der Schreck: Das Auto ist nicht geladen. Ein „Reserviert“-Schild hatte verdeckt, dass hier nur Teslas laden können. Und ich hatte natürlich nicht gewartet, bis das Lämpchen an der Auto-Ladebuchse grün leuchtet. Anfängerfehler! Gut, dass es nach Scheidegg nur 20 Kilometer sind. Dort wollen wir zu den Wasserfällen. Das Naturschutzgebiet ist 2021 mit neuen Themenwegen erschlossen worden.


Schon bald zeigt die Deutsche Alpenstraße ihre volle Schönheit: Der erste markante Abschnitt ist der Rohrach-Anstieg. Wald dicht an der Straße, Wolken in den Baumgipfeln, enge Kehren führen bergan.

Regentage sind Wasserfalltage

Einen beeindruckenden Anblick bieten die Scheidegger Wasserfälle.
Einen beeindruckenden Anblick bieten die Scheidegger Wasserfälle. (Foto: Carolin Wittmann)
Die Scheidegger Wasserfälle versöhnen uns mit dem Nieselregen. Der Rickenbach rauscht dank des zusätzlichen Wassers in voller Breite in die Tiefe. Wir spazieren trocken dahinter entlang, staunen über die vielen Steine, die im Nagelfluh-Fels zusammengebacken sind. Seltene Orchideen blühen in der Schlucht, Eschen, Tannen und Ahorn ragen empor. Die moderne Ergänzung zur Natur ist die App „Scheidegger Geopfad“. Mit ihr können nicht nur Jugendliche an vielen Stationen interaktiv in die Erdgeschichte eintauchen. Mammuts und Fossilien im Größenvergleich, eine Schultafel, die per Handy ihre Schrift enthüllt. So kommt garantiert keine Langeweile auf. Im oberen Bereich liegt der verwunschene Märchenpfad: freiliegende Wurzelnester, Gräser, die wie Rapunzels Haare herabhängen, Holztiere und ein Klavier, das mitten im Wald steht. Ein Platz der Ruhe und versteckte, verspielte Sitzgelegenheiten weckt auch in uns Erwachsenen Freude am Entdecken. Kleinkinder lernen mit Hilfe der Eltern und „Ludwig dem Alpensalamander“ das Märchen von den „Drei Schätzen im Wald“ kennen. Für den Wasserspielplatz mit Wasserrad sollten Eltern an Wechselkleidung denken.
In Scheidegg machen wir Tankpause am Kurhaus. Doch fünf Ladepunkte sind heute außer Betrieb. Gerade als wir auf dem Handy nach der nächsten Station suchen, nimmt ein Mann sein Auto vom Schnelllader. Glück gehabt. Mit der App von ADAC und ENBW klappt alles reibungslos. Nach einer Stunde ist der Akku voll, hat 230 Kilometer mehr Reichweite und die App meldet, dass es weitergehen kann.

Dem Himmel
so nah

Bei gutem Wetter lohnt ein Abstecher zum Skywalk Allgäu in Scheidegg. Auf mehreren Ebenen bis zu 40 Meter hoch in den Baumwipfeln hängen breite Holzstege. Besucher blicken auf die kleineren Bäume herab, sind dem Himmel ganz nah. Der Blick auf die Nagelfluh-Kette der Allgäuer Alpen und über den Bodensee ist spektakulär. Wagemutige gelangen über die Wackelbrücke, einen Netztunnel und eine Röhrenrutsche nach unten. Alle anderen Wege sind gut mit Rollstuhl und Kinderwagen befahrbar. Ziegen, Hasen und Schafe im Minizoo neben dem Restaurant wollen auch gestreichelt werden.

Füssen - die höchstgelegene Stadt Bayerns

Wir fahren weiter nach Füssen – über die Deutsche Alpenstraße. Das ist mit Navi oder Google Maps nicht immer einfach, Aussicht ist kein Suchkriterium. Unsere Strecke ist aber nicht die kürzeste, sondern die sehenswerteste. So navigieren wir mit Karte und Zwischenstopps über Oberstaufen zum Großen Alpsee nach Bad Hindelang. Inzwischen haben es Alpenstraßen-Roadies einfacher: Die kostenfreie App „outdooractive“ navigiert sie entlang der Route. Highlights und Gastgeber werden angezeigt.

 

Weitere Infos und den direkten QR-Code gibt es hier.

Nach Bad Hindelang windet sich auf der B 308 die Oberjoch Passstraße nach oben. Die Leitplanken sind aus Stein und Holz, typisch Deutsche Alpenstraße. Fast am Ende der Serpentinen stoppen wir für Fotos am Aussichtspunkt Kanzel. Eingebettet in grüne Wiesen und baumbestandene Hügel liegt Bad Hindelang traumhaft schön vor der Alpenkette. Ein roter Minibus kurvt den Pass herauf, der sich wie natürlich an den Berg schmiegt. So idyllisch kann Straße sein.
Jochpassstraße
Blick vom Aussichtspunkt Kanzel auf die Jochpassstraße. (Foto: Carolin Wittmann)
Nachmittags bummeln wir durch Füssens Altstadt. Mittendrin liegt das Feuerhaus mit den rot-weißen Fensterläden. Im Mittelalter fand darin der Kornmarkt statt, heute ist es eine Markthalle. Einheimische und Touristen sitzen gemeinsam am großen Tisch, holen sich Feinkost, einen Kaffee oder Fischsuppe. Weiter geht es durch die Brunnengasse. In den ehemaligen Handwerkerhäusern reihen sich malerische Lädchen aneinander. Wir laufen nach links durchs Pfarrgässle zum Alten Friedhof und dem Franziskanerkloster. Hier ist es ruhig, der Blick schweift rundum aufs Kloster St. Mang, das Hohe Schloss und den Breitenberg. Links grenzt die Stadt schon an Österreich. Am Fuß der Stufen hinunter zur Stadt endet an einem breiten Holztor die „Romantische Straße“.
Wir machen Pause an der Sitzbank am Lech. Danach spazieren wir zum Kloster der Benediktiner und dem Hohen Schloss hinauf. Die einstige Sommerresidenz der Fürstbischöfe von Augsburg beherbergt heute zwei Gemäldesammlungen von der Spätgotik bis zum 19. Jahrhundert. Der Weg auf den Schlossberg lohnt allein schon wegen der Illusionsmalereien im Innenhof. Erker, verschnörkelte Fenster- und Türrahmen, farbige Eckquader und selbst der Türmer sind eine Täuschung. Zurück zum Hotel Sommer laufen wir über die König-Ludwig-Promenade, sehen hinüber zum Schloss Neuschwanstein. Auch nachts auf dem Balkon zieht uns das hell erleuchtete Märchenschloss magisch an. Wie sich der Kini wohl gefühlt hat – nachts im goldenen Schlitten, im historischer Montur durch die Berge?

Der Tag in Bildern

Die „Oberjoch Passstraße“ ist mit 106 Kurven auf 300 Höhenmetern die kurvenreichste Straße Deutschlands und war schon im Mittelalter eine wichtige Verbindung über die Alpen.

Mehr darüber erfahren Sie im Magazin „Bayerns Bestes“ (Ausgabe 04/2022). An Tag 3 ging es weiter bis nach Hohenschwangau und Garmisch-Partenkirchen und an Tag 4 ins Freilichtmuseum Glentleiten. An Tag 5 standen Sudelfeld und die Kampenwand im Mittelpunkt. Den Abschluss der Tour bildeten Ruhpolding und das Hans-Peter Porsche Traumwerk.

Ein paar Impressionen von der Deutschen Alpenstraße im Video:

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Matthias Jell

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