Die Bratwurst gehört zu Bayern dazu. Sie ist der Liebling auf dem Grill. Mit einer Füllung aus Zutaten wie Schokolade, Whisky oder Bier zaubern die Metzgermeister Stephanie und Matthias Freund aus dem unterfränkischen Sommerkahl ein neues Geschmackserlebnis auf den Teller.
Es ist 6 Uhr morgens und während die meisten Häuser in der Gemeinde Sommerkahl im Landkreis Aschaffenburg noch in Stille und Dunkelheit gehüllt sind, hat in der Steingasse der Arbeitstag bereits begonnen. Maschinen surren. Licht dringt aus den Fenstern im hinteren Bereich der Metzgerei, deren Mauern aus dem Jahr 1873 stammen. Seit einer Stunde sind die Metzgermeister Matthias und Stephanie Freund mit ihrem Team im Einsatz. Und putzmunter. Heute geht es um Wurst, die Bratwurst. Wie jeden Donnerstag. Seit 2015 kreieren sie jede Woche eine neue Wurstsorte, darunter auch Bratwürste mit Whisky, Bier, Ingwer oder Sauerkraut.
Die neueste Kreation an diesem Tag: eine Bratwurst als Hommage an den bekannten Münchner Koch Alfons Schuhbeck mit Ingwer, Knoblauch und Petersilie. „Alfons Schuhbeck arbeitet sehr gerne mit Gewürzen, das war Inspiration für diese Wurst“, sagt Matthias Freund, der den Promi-Koch kürzlich bei einem Wettbewerb traf. Als erstes geht es ans Brät, die Füllung der Bratwurst – und ihr Namensgeber. Es gibt grobes und feines Brät, die den unterschiedlichen Biss ausmachen. In einem großen Bottich haben die Metzger feines Brät vorbereitet. Am Cutter daneben – einem Fleischwolf, der aus dem Brät eine glatte, homogene Masse erzeugt – kümmert sich der 53-Jährige um die Feinarbeit, gibt Knoblauch, Petersilie und Ingwer zu etwas feinem Brät hinzu.
Es duftet herrlich, vor allem der Knoblauch. Immer wieder knetet er die feine Masse auch mit seinen Händen kräftig durch und ist im Handumdrehen fertig. Während Matthias Freund sich bereits der Füllung für die Whisky-Bratwurst zuwendet und einen ordentlichen Schuss des edlen Tropfens ins feine Brät sowie eine Pfeffermischung dazu gibt, füllt Metzgermeister Bruno Wombacher das Ingwer-Knoblauch-Petersilie-Brät in den Schweinedarm. Die Würste nehmen nach und nach Form an, sind jeweils 120 Gramm schwer und landen entweder frisch oder gebrüht in der Verkaufstheke. Der Knoblauch kitzelt noch immer in der Nase.
Mit ihren Kreationen sind die Metzgermeister über die Region hinaus bekannt geworden – und das ganz ohne Zusatzstoffe und aufbauend auf traditionellen Rezepten. Das Fleisch dafür kommt aus der Region. Vor etwa zwei Jahren gelang dem Metzger-Ehepaar der Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde. Mit mehr als 100 Wurstsorten, darunter acht Bratwurstsorten. „Damit habe ich mir einen Kindheitstraum erfüllt“, erinnert sich Matthias Freund.
Große Leidenschaft fürs Metzgerhandwerk
In die klassische Bratwurst gehören Salz, Pfeffer, Muskatnuss und Schweinefleisch. Doch wie kommt man auf die Idee, Bratwürste mit Whisky, Bier und Co zu veredeln? Beim ersten Fränkischen Bratwurstgipfel1 (2010) habe alles angefangen, erinnert sich Stephanie Freund, die nach dem Abschluss der Meisterprüfung vor etwa 30 Jahren Deutschlands jüngste Metzgermeisterin war. Die Metzgermeister gingen mit einer Gyrosbratwurst mit Knoblauchsoße ins Rennen. Mit Erfolg. „Die Bratwurst wurde uns vom Publikum aus der Hand gerissen“, sagt die 52-Jährige. Damals sei die Idee entstanden, mit der Bratwurst zu experimentieren. Ein Jahr später probierten sie es beim Wettbewerb mit einer Pulled-Pork-Bratwurst. Das Besondere hier: Das Pulled Pork ist gut sichtbar mittig in der Wurst platziert und mit Sauerkraut ummantelt. „Eine komplette Mahlzeit in einer Wurst“, sagt Matthias Freund.
Familie Freund und ihr Team tüfteln gerne an neuen Würsten. Und in Franken gab es schon immer Bratwurst-Besonderheiten, wie die evangelische oder die katholische Bratwurst – die je nach Konfession in der jeweiligen Region auf dem Teller landet. „Während die evangelische eine grobe Wurst mit Pfeffer, Salz und Muskatnuss ist, hat die katholische ein feines Brät mit Wein und einer Zitronennote“, sagt Matthias Freund. Und weil Fußball und Bratwurst so gut zusammen passen, hat der örtliche Fußballverein TuS Sommerkahl ebenfalls seine eigene Bratwurst, die sogenannte Fußball- oder TuS-Bratwurst – mit viel Knoblauch und Pfeffer. Die Füllung dafür ist sehr grob und das hat einen guten Grund: Die grobe Bratwurst werde schnell trocken, eigne sich aber hervorragend für den Einsatz auf dem Grill, wenn Würste mal länger auf den Verzerr warten müssen, sagt der Metzgermeister.
Und was war die kurioseste Kreation? „Die Mozart-Bratwurst mit Schokolade und Pistazien“, sagt Matthias Freund. Dafür wurde eine sehr dunkle Schokolade verwendet. „Schokolade passt wunderbar zur Bratwurst.“ Die geschmacklich schwierigste Bratwurst war hingegen eine mit Gummibärchen. „Die hat nach Red Bull geschmeckt und kam auch beim Publikum nicht gut an“, ergänzt er und zieht die Augenbrauen nach oben.
Lange Liste mit weiteren Ideen
Mit einer großen Auswahl an Würsten – von der Fränkischen bis zur Gin-Tonic-Bratwurst – geht es anschließend zurück in die Redaktion nach Straubing, wo die Kollegen schon warten und sich ans Braten und Testen machen. Und dieser Test bringt einige geschmackliche Überraschungen, zum Beispiel die Bratwurst mit Ingwer-Knoblauch-Petersilie: Knoblauch und Ingwer harmonieren anders als gedacht wunderbar, der Biss ist perfekt. Das Fazit des Tages: ein neues Geschmackserlebnis, zufriedene Kollegen und beim nächsten Mal eine größere Transportbox.
Mit der Bratwurst kann man verschiedenste Gerichte auf den Teller zaubern – vom Kringelburger über Blaue Zipfel bis zum Bratwurstkuchen.
BUCHTIPP:
Das perfekte Würstchen
Von Karsten „Ted“ Aschenbrandt
Von der Bratwurst gibt es zahlreiche Varianten. Der Grillspezialist Karsten „Ted“ Aschenbrandt zeigt hier, wie man die Wurst herstellt, was reinkommt und worauf man beim perfekten Würstchen achten muss. Darüber hinaus verrät er seine besten Rezepte mit der Wurst.
HEEL Verlag GmbH I 9,99 Euro
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