Bayern, deine Hexen, Geister und Dämonen: Sepp Probst und sein Mystischer Bayerischer Wald

Seit seiner Kindheit geistern die düsteren Sagen und Legenden des Bayerischen Waldes im Kopf von Sepp Probst herum. Mittlerweile hat er all diese Geschichten in Büchern aufgeschrieben. (Foto: mj)

Sepp Probst aus dem Landkreis Regen hat sich längst über die Grenzen Bayerns hinaus einen Namen gemacht. Hört oder liest man von „Mystischer Bayerischer Wald“, dann steckt dahinter der 47-Jährige. Neun Bücher hat er mittlerweile veröffentlicht, zudem bietet er Wanderführungen an. Darin widmet sich Probst dem Teil Bayerns, der längst in Vergessenheit geraten schien. Düstere Legenden, Sagenorte, aber auch altes Wissen: Das alles ist Teil bayerischer Geschichte. Wie die Idee dazu entstand und was es damit auf sich hat, erzählt Sepp Probst im Interview mit Bayerns Bestes.

Herr Probst, wann sind Sie erstmals mit den düsteren Sagen des Bayerischen Waldes in Berührung gekommen?

 

Sepp Probst: Ich bin in der Nähe von Bischofsmais aufgewachsen. Als Kind erzählten mir meine Großeltern einige dieser Sagen. Dadurch war mein Interesse an diesem Thema also schon seit meiner Kindheit da.

Wie entstand dann die Idee, darüber ein Buch zu schreiben?

 

Probst: Das war vor 15 Jahren nach der Geburt meines Sohnes. Meine Großmutter war da schon tot und ich hatte die Befürchtung, dass ich all das, was sie mir erzählt hatte, eines Tages vergessen könnte. Also wollte ich das für mich und für meine Kinder in Erinnerung behalten. So entstand die Idee für mein erstes Buch „Zwischen Geißkopf und Arber“.

Wie waren die Reaktionen darauf?

 

Probst: Es kam sehr gut an. Damit hatte ich in dem Ausmaß gar nicht gerechnet. Es war sogar so, dass dadurch immer mehr Leute auf mich zukamen und mir von weiteren Orten und Sagen erzählten. Dadurch schrieben sich die nächsten drei Bücher praktisch von selbst.

„Interessant ist es, wenn der Teufel mit im Spiel ist“

 

So kam der Stein also ins Rollen. Wie sind Sie diesen Sagen denn auf den Grund gegangen?

 

Probst: Ich habe die jeweiligen Orte besucht und mir selbst ein Bild davon gemacht. Dazu stehe ich in engem Kontakt mit einem Historiker und Sagenforscher aus der Region.

 

Was lernt man dabei über die Geschichte?

 

Probst: Interessant ist es für mich immer, wenn bei einem Ort oder einer Sage der Teufel mit im Spiel ist. Er stand in der katholischen Kirche sinnbildlich für die alten Götter. Orte, die zuvor heidnisch genutzt wurden, sind buchstäblich verteufelt worden.

Fällt Ihnen dazu spontan ein Ort ein, an dem das der Fall war?

 

Probst: Die Wallfahrtskirche St. Hermann bei Bischofsmais. Dort befindet sich in unmittelbarer Nähe der Teufelstisch. Dabei handelte es sich ursprünglich um einen sakralen Platz der Heiden. Weil aber die Katholische Kirche auf dem Gipfel keine Kirche über dieser Kultstätte bauen konnte, wurde der Ort von ihr dämonisiert, indem man ihm den Namen gab und den Menschen erzählte, dass sich dort Geister und Dämonen herumtreiben würden.

„Und schon war es eine katholische Heilquelle“

 

Die Orte wurden also verrufen, um die Menschen davon fernzuhalten und sie zum christlichen Glauben zu bekehren?

 

Probst: Nicht nur. Unsere Vorfahren praktizierten über Jahrhunderte den Baumkult, den Steinkult oder den Quellenkult. Dabei wurden Kräfte der Natur verehrt. Die Kirche versuchte lange Zeit vergeblich, das zu unterbinden – unter anderem auch zu der Zeit von Karl dem Großen. Etwa um das Jahr 1500 herum ging man also her und christianisierte die jeweiligen Orte, wenn man die Menschen schon von diesen Orten nicht wegbrachte. Im Fall von St. Hermann war es also so, dass man den dortigen Quellenkult damit unterband, indem man dort eine Kirche errichtete – und schon war es eine katholische Heilquelle.

Wie erklären Sie sich, dass die Menschen heute wieder mehr den Bezug zur Natur suchen?

 

Probst: Vor vielen Jahrhunderten waren die Menschen durch ihren Glauben eng mit der Natur verbunden. Die Kirche hat das dann aufgespalten und der Bezug zur Natur ging im Laufe der Zeit immer mehr verloren. Mittlerweile ist die Sehnsucht danach aber wieder deutlich größer. Die Menschen verehren zwar nicht mehr die alten Götter, aber sie wollen dem Alltag ein Stück weit entfliehen und die Kraft der Natur in sich aufsaugen.

Das alte Wissen von Kräutern und Pflanzen

 

Zumal es dort ja auch allerhand nützliches Wissen zu entdecken gibt…

 

Probst: Ja, viele der Kräuter und Pflanzen sind extrem nützlich. Die meisten Menschen wissen davon aber leider nichts mehr, noch nicht einmal mehr, wie diese Kräuter und Pflanzen überhaupt aussehen. Stattdessen sind sie es gewohnt, bei jeder Erkältung und jeder Grippe direkt zu Tabletten zu greifen.

Was hilft denn zum Beispiel bei einer Grippe?

 

Probst: Holunder wirkt da sehr gut. Bei Magen-Darm-Problemen ist dagegen Blutwurz wirksam. Der hilft aber auch als Spülung bei schlechtem Zahnfleisch. Die Schulmedizin ist mit Sicherheit in Teilen richtig und wichtig, aber ich finde, der Mittelweg aus Natur- und Schulmedizin ist für den Körper besser.

 

Früher hatten dieses Wissen ja die sogenannten Kräuterweiberl…

 

Probst: Ja, sie wussten vieles über die Wirkung von Kräutern und Pflanzen. Um diese zu sammeln, hielten sie sich oft an Orten wie Mooren und in Wäldern auf – Orte, die andere Menschen eher mieden. Ich bin überzeugt, dass dadurch auch die Legenden über Moorhexen entstanden sind.

Den Sagen nach sollen sich ja nicht nur Hexen in Mooren herumgetrieben haben…

 

Probst: Als Kind hat mich immer die Geschichte vom versunkenen Dorf im Todtenauer Moor fasziniert, die mir meine Großmutter erzählt hatte. Noch heute soll man dort ab und zu als Unheilsbote die Kirchenglocken läuten hören und die Geister der Toten tanzen sehen.

Mehr über das Todtenauer Moor und die düsteren Sagen, die sich darum ranken, lesen Sie in der Ausgabe 04/2022 von Bayerns Bestes.

Der Weizriegel – ein unheimlicher Ort

 

Was war denn für Sie bislang der unheimlichste Ort, den Sie besucht haben?

 

Probst: Der Weizriegel zwischen Schöneck und Neusohl. Wie der Name schon sagt, der „Geisterberg“. Schon früher haben sich die Menschen über diesen Ort erzählt, dass es dort spukt. Auch ich habe dort mit Wandergruppen schon mysteriöse Erfahrungen gemacht, das war schon unheimlich. Einmal bin ich mit einer Schamanin auf den Weizriegel gegangen. Sie erzählte mir, dass an diesem Ort etwas Negatives ist, das dort nichts Gutes duldet.

 

Waren Sie seitdem nochmal am Weizriegel?

 

Probst: Ich gehe da nur noch tagsüber hin, aber nicht mehr nach Einbruch der Dunkelheit. Anfragen für Geisterführungen auf den Weizriegel lehne ich mittlerweile alle ab.

Sie bieten ja thematisch verschiedene Wanderführungen an…

 

Probst: Ja, zum einen Wanderungen zu mythischen Orten und Kultstätten, aber eben auch Geisterführungen, Wanderungen zum Thema „Pflanzen und Kräuter der Hexen und Schamanen“ und sogar Werwolf-Wanderungen.

 

Werwolf-Wanderungen?

 

Probst: (lacht) An der Stelle fragt mich immer jeder, was denn Werwölfe mit dem Bayerischen Wald zu tun haben. Aber auch dazu gibt es hier einige Orte und Legenden, wie zum Beispiel „Der Werwolf vom Kindlstein“ im Landkreis Freyung-Grafenau oder auch die Legende vom „Woidhaus-Mich“, der eine Art Zwischenwesen aus Mensch und Tier gewesen sein soll.

Wie groß sind denn die Teilnehmergruppen bei Ihren Wanderungen?

 

Probst: Maximal 40 Leute, sonst wird mir das zu unübersichtlich. Ich habe es schon erlebt, dass ich über 100 Anfragen hatte, aber das geht nicht. Mittlerweile habe ich sogar Anfragen und Teilnehmer aus den USA und Australien.

Wer an einer der Wanderführungen von Sepp Probst teilnehmen möchte oder Interesse an einem seiner Bücher hat, der kann sich darüber unter www.mystischer-bayerischer-wald.de informieren.

Mehr über mystische Schachten im Bayerischen Wald erfahren Sie hier.

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Matthias Jell

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