Lebkuchen, Rostbratwürste, Schäufele – viele verbinden diese Schlagworte sofort mit Nürnberg. Die Frankenmetropole ist die Stadt für Genießer. Wir haben eine kulinarische Entdeckungstour durch Nürnberg unternommen: Dabei wandelten wir auf den Spuren alter Lebkuchenbäcker, erfuhren das Geheimnis rund um die Elisenlebkuchen und probierten allerlei Nürnberger Spezialitäten.
Pfefferkuchen nannten sie ihn im 13. Jahrhundert, Lebkuchen nennen wir ihn heute. Damals eine Ganzjahresspeise, heute ein Weihnachtsgebäck. 14 Lebküchnerfamilien buken sie hinter den Nürnberger Stadtmauern. Heute entsteht ein Großteil der Original Nürnberger Lebkuchen in der Zollhausgasse, in einem der sechs Öfen von Lebkuchen Schmidt. Die Gewürze dafür stammen aus aller Welt – damals wie heute.
Claudia Radtke wartet am Nürnberger Hauptmarkt. In ihrer Rolle als Lebküchnerin Anna Kucherin trägt sie ein weißes Leinenkleid. Unter einer im Nacken zusammengebundenen Haube versteckt sie ihr blondes Haar, in der Hand einen geflochtenen Korb. Sie schiebt das Tuch darin zur Seite – darunter: Elisenlebkuchen. Ein runder, brauner Lebkuchen auf weißer Oblate. Im Gebäck versteckt: die exotischen Gewürze, deren Zusammensetzung die Nürnberger Lebkuchen weltberühmt machten. „Der Hauptmarkt war im Mittelalter die Handelsbörse Nürnbergs“, sagt Claudia Radtke zu Beginn ihrer Stadtführung. Nürnberg lag an einem Schnittpunkt der alten Salz- und Handelsstraßen. Kardamom, Muskat, Zimt, Anis, Pfeffer, aber auch Tuche und Münzen wurden hier feil geboten.
Pfefferkuchen aus dem Kloster
Im Mittelalter waren es fast nur die Mönche, die Pfefferoder Honigkuchen buken. Zusätzlich zu den Grundzutaten Mehl, Eier und Honig – letzter stammte aus dem urwaldartigen Reichswald rund um Nürnberg – hatte die Kirche im Gegensatz zu den meisten Bürgern die nötigen finanziellen Mittel, um teure Gewürze zu kaufen. „Daher auch die Oblaten Lebkuchen“, sagt Claudia Radtke. Die Mönche machten aus Oblaten Hostien oder strichen den klebrigen Lebkuchenteig darauf. Nürnbergs erster Lebkuchenbäcker außerhalb der Klostermauern wurde 1395 urkundlich erwähnt. Und damit nahm die Lebküchnerei in Nürnberg ihren Lauf.
Die Lekuchen-DNA
Ein junger Mann mit breitem Kreuz in weißem Backstubenkittel hievt mit einer Bäckerschaufel Mehl in einen Bottich. Sein Name ist Alexander Krüger, mit 15 Jahren lernte er das Bäckerhandwerk. „Damals hätte ich nicht gedacht, dass ich irgendwann mal Lebkuchenbäcker werde“, sagt er, grinst und schaufelt weiter. Jede der rund 700 Lebkuchen- oder Keksmischungen wird in einem dieser Bottiche vorbereitet und vermengt. Bis zu 7.000 Lebkuchen entstehen aus einer Rohstoffmischung, an Spitzentagen laufen hier drei Millionen Stück vom Band.
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Ab hier läuft alles wie am Fließband
Währenddessen wird die klebrige Lebkuchenmasse von einer Maschine auf den Oblaten portioniert. Ab jetzt läuft alles sprichwörtlich wie am Fließband. „Wenn wir die Lebkuchen jetzt gleich backen würden, könnten sie ihre Form nicht halten“, erklärt Dirk Kuen. Also kommen sie in die Trocknung und drehen genau wie wir eine Runde in der Industriehalle – die Lebkuchen auf einem Förderband unterhalb der Hallendecke, wir zu Fuß am Boden.
Elise, die Königin unter den Lebkuchen
1643 werden die Lebkuchenbäcker als geschworene Nürnberger Lebküchner-Zunft anerkannt. Damals wie heute arbeiten sie unter strengen Vorschriften. Zutaten und Herstellung der verschiedenen Lebkuchenarten sind klar definiert: So dürfen beispielsweise Elisenlebkuchen nur maximal zehn Prozent Mehl und müssen mindestens 25 Prozent Nüsse enthalten. Bis heute gilt dieser Lebkuchen als hohe Backkunst und hat sich den Namen verdient, mit dem er bei Lebkuchen Schmidt im Sortiment geführt wird: die Elisen-Königin.
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Veränderte Rezeptur
Genauso wie der Name entwickelt sich auch die Rezeptur mit der Zeit weiter. Bei Lebkuchen Schmidt gibt es unter anderem Varianten mit Bratapfel, Punsch, Marzipan, Kirschfüllung und mittlerweile auch mit fein gehackten Cashewkernen. In den Genuss kommt, wer im Werksverkauf an der Zollhausstraße, in deren einzigem ganzjährig geöffneten Laden am Nürnberger Hauptmarkt oder in einer der 150 Saisonfilialen in ganz Deutschland vorbeischaut. Und dann ist da natürlich Schmidts Onlineversandhandel, der bereits auf die Firmengründung im Jahr 1926 zurückgeht.