Natur pur: Trekking im Spessart

Campen in der Wildnis ist auf Trekking-Plätzen wie hier im Spessart ganz legal. (Foto: Ramon Haindl/Bayerische Staatsforsten)

Raus aus der Komfortzone, rein ins Abenteuer. Wer wandert und im Wald schläft, erlebt Natur pur. Nur ist wildes Campen in Deutschland verboten. Auf Trekking-Plätzen in Bayern bekommt man das Wildnisgefühl ganz legal – auch im Spessart.

„Ich sag Ihnen nicht, wo der Platz ist. Den finden Sie dann schon – soll ja auch ein Kick dabei sein“, hat die Geschäftsführerin der Spessartbund-Geschäftsstelle in Aschaffenburg bei der telefonischen Buchung der Trekking-Plätze gesagt. Die genauen Koordinaten der reservierten Plätze Rothenbuch I und Rothenbuch II kamen per Mail in der Buchungsbestätigung.

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Jetzt sind wir mit Zelt, Schlafsäcken und Isomatten auf dem Rücken im Spessart unterwegs. Aus dem malerischen Hafenlohrtal biegen wir am Eichensee ab, am Mausbach entlang immer gen Norden, wie der Kompass zeigt. Biber haben von beiden Seiten Bäume ins Wasser fallen lassen und den Bach zu Bassins angestaut. Es ist schwülheiß, erste Tropfen fallen als Vorboten eines nahenden Gewitters. Wir gehen zügig, damit wir, bevor es losbricht, zumindest noch unser Zeltdach über dem Kopf haben.

Eine kurze Trinkpause auf einer Bank am Ufer des idyllischen Bomigsees, dann tauchen wir wieder in den dichten Buchenwald ein. Immer näher kommen wir dem Zielpunkt, den uns der GPS-Tracker auf dem Handy anzeigt. Noch hält das Wetter. Ausgeschildert sind die Trekkingplätze nicht, man muss sie schon suchen. „Da, ich sehe ein Klohäuschen!“ ruft mein Sohn. Den Rucksack mit dem schweren Proviant auf dem Rücken, rennt er die Böschung hinauf. Unter hohen Buchen erwarten uns eine Picknickecke und eine Feuerstelle, wo bereits pyramidenförmig Äste angeordnet sind. An dem kleinen, überdachten Holzstapel daneben liegt sogar eine Säge. Trotzdem muss das Feuer heute aus bleiben – es sind stürmische Böen vorhergesagt, und wir wollen weder die Bäume noch unser Zelt in Brand setzen.

Das Zelt ist schnell aufgebaut, wir sind ganz allein im weiten Wald. Nach einem Abendbrot aus Knäckebrot, Käse, Möhren, Äpfeln und Wasser ziehen wir uns ins Zelt zurück, um Karten zu spielen, denn der Wind frischt auf und würde sie draußen vom Tisch wehen. Immer lauter lässt er in der Nacht die Blätter rauschen und Äste knacken. Erst kleine Zweige, dann dicke Regentropfen prasseln auf das Zeltdach. Donner grollt, irgendwo ruft eine Eule. Und sind das Rehe, die da bellen? Das Gewitter spielt fortissimo im Wald.

Der Weg zum Trekkingplatz Rothenbuch II

Am nächsten Morgen ist es gut 15 Grad kälter als am Abend zuvor – gut, dass wir Fleecejacken eingepackt haben. Das ganze provisorische Zuhause wird wieder auf die Rucksäcke verteilt. Nach dem Abstieg ins Tal warten in der Kühltasche im Auto Müsli und Milch. Wir füllen unsere Wasserflaschen auf, bevor wir diesmal gen Süden starten, um zum Trekkingplatz Rothenbuch II zu wandern. Spätestens jetzt ist es von Vorteil, dass die drückende Hitze vom Vortag einer frischen Brise gewichen ist. Hinter den saftigen Wiesen des Hafenlohrtals geht es kilometerweit stetig bergauf. Farne und weiße Akelei wachsen am Wegrand. Ein steiler Pfad führt zum Naturwaldreservat Hoher Knuck, die Atmung wird schnell und man spürt jedes Gramm Gepäck auf dem Rücken.
Kurz hinter dem 523 Meter hohen Bayerskopf öffnet sich der Weg zu einer sonnigen Lichtung: dem Ziel für die zweite Nacht. Wir überlegen noch, ob wir das Zelt am besten auf die Wiese stellen oder im Schatten am Waldrand aufbauen wollen, als zwei Spanier mit Trekkingrucksäcken aus dem gegenüberliegenden Waldsaum treten. Kurz danach folgt eine Familie aus Darmstadt mit Kind und zwei Hunden. Es kehrt geschäftiges Leben in die Lichtung ein.
Drei Zelte werden aufgebaut, die Kinder rennen in den Wald und schleppen stolz dicke Äste für das Lagerfeuer heran. Die Zeit bis zum Abend verbringen manche mit einer weiteren kleinen Wanderung ohne Gepäck, andere machen ein Nickerchen im Zelt. Die beiden Spanier haben den Deckel einer Dose an einen Buchenzweig gehängt, sitzen auf ihren Isomatten in der Sonne und zielen mit ihren Zwillen auf die Deckel-Zielscheibe.

Gemeinsam Feuer machen

Zum Glück haben die beiden auch einen Würfel Grillanzünder dabei. Denn durch das Gewitter in der Nacht zuvor sind selbst das Laub und die dünnsten Zweige zu nass, um richtig zu brennen. Gemeinsam bringen wir das Feuer zum Lodern. Stockbrot und Würstchen bräunen über der Glut.
Die Darmstädter Familie versucht, Nudeln zu kochen – nur haben sie fast kein Wasser mehr. Der Vater hat einen Filter mitgebracht, um Quell- oder Bachwasser zu reinigen, aber die ganze Umgebung abgesucht, ohne eine Wasserstelle zu finden. Die Flüssigkeit im Topf ist verkocht, die Nudeln sind noch hart und brennen am Boden an. Wir spenden einen halben Liter aus unserem Vorrat – und können uns dafür am folgenden Morgen nicht die Zähne putzen, weil wir nun selbst nur noch wenige Schluck für den Rückweg in unserer Flasche haben. Aber das macht nichts. Kleine Pannen gehören zum Abenteuer. Man verlässt seine Komfortzone und wird belohnt mit dem Konzert des Waldes, dem unnachahmlichen Geschmack von über dem Feuer selbst zubereitetem Essen und dem guten Gefühl, selbst wieder eins mit der Natur zu werden.

Ein Eindruck vom Trekkingplatz Rothenbuch im Video:

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