Eigentlich hätte Kathi Mayer aus Lerchenhaid bei Straubing nie Donaufischerin werden sollen. Dafür, dass sie heute Netze aus der Donau ziehen und Fische ausnehmen darf, hat die 36-Jährige einen bitteren Preis bezahlt.
Davon, dass Kathi eines Tages hier mitarbeiten könnte, war nie die Rede. Die Fischerei war Männersache und da sie einen größeren Bruder hatte, war klar, wer den Betrieb übernehmen würde. Kathi lernte Zahnarzthelferin, arbeitete dort in der Verwaltung. Abrechnungen und Kostenpläne erstellen – die Verantwortung gefiel ihr. Nebenbei half sie ihrem Vater zuhause im Büro. Nur Rechnungen, keine Fische.
Herbst 2017: Der Vater war schwer krank, Michi bediente auf dem Oktoberfest. Kathi wusste, dass es an der Zeit war, die Netze in der Donau auszulegen. “Papa, ich fahr fischen.” “Nein, das kannst du nicht.” “Mein Vater hat immer gesagt ‚Das kannst du nicht. Du bist ein Mädl”, sagt Kathi. “Ich hatte nie Selbstvertrauen.” Bis zu jenem Tag: Sie schnappte sich einen Arbeiter und fuhr mit ihm und dem Boot auf dem Hänger an die Donau, um die Netze auszulegen. Als Kind hatte sie ihrem Vater oft dabei zugesehen. So schwierig kann es doch nicht sein, oder? “Mir war schon mulmig. Aber wurscht, ich war mutig.”
Boot rein, Netze im Wasser, Boot wieder raus, alles gut – jetzt müssen nur noch Fische reingehen. “Hoffentlich nur ein großer Fisch. Ein Karpfen oder so, damit ich mich nicht voll blamiere, wenn ich es Papa erzähle.” Es waren Fische drin, viele Fische. Und im letzten Netz sogar ein Zander, der Lieblingsfisch von Kathis Papa. “Den fängst du nicht oft. Schon gar nicht beim ersten Mal. Ich wär fast in die Donau gehüpft vor lauter Freude”, sagt sie. Nur eine Minute später klingelte das Handy, Kathi sollte sofort ins Krankenhaus kommen, der Vater stirbt. Von ihrem Fang erzählte sie ihm noch, reagieren konnte er nicht mehr. “Ich glaube, er war stolz auf mich”, sagt sie.
Heute führt Kathi Mayer den Betrieb zusammen mit ihrem Bruder Michi. Alleine ist das Unternehmen kaum zu stemmen. Auf dem Hof gibt es zwölf Weiher mit Forellen, Lachsforellen, Saiblingen oder Karpfen, zwei Naturweiher und rund 19 Becken für Besatzfische. “Wir haben lebende Tiere. Da kannst nicht einfach zusperren und drei Wochen in Urlaub fahren”, sagt sie. Nicht einmal nachts ist Ruhe. Fällt ein Lüfter aus, gibt es Kathi Mayer Alarm und sie muss raus. Auch Natur in Gefangenschaft braucht Betreuung. Die Arbeit scheut sie nicht, sie packt überall mit an. Fährt mit dem Stapler, fährt schwappende Boxen, Fische und Sauerstoff mit dem großen Hänger. Sie hat den Fischerschein, macht den Lkw-Führerschein, der Elektrofischerschein soll folgen. “Das war mein erstes Fischen”, sagt sie. “Seitdem habe ich Mut. Jede Frau schafft alles, wenn sie mag – und wenn sie kann.”
Neben der Donaufischerei haben die Mayers noch andere Standbeine: einen Hofladen, den Großhandel, sie fahren auf Bauernmärkte in der Region, sie räuchern und verarbeiten Teile ihres Fangs. Außerdem beobachten und dokumentieren sie den Fischbestand in der Donau und setzen dort im Frühjahr und Herbst Jungfische nach. Viel Freizeit bleibt da nicht. Aber auch wenn Kathi frei hat, zieht es sie ans Wasser. Sie geht mit ihren Hunden am Ufer spazieren, schaut den Schiffen zu oder fährt Wakeboard. Das Schönste auf der Donau für sie? “Die Ruhe. Ich muss wegen dem Betrieb immer erreichbar sein. Kein Handy, kein Anruf, keine E Mail. Einfach die Ruhe, in Erinnerungen schwelgen, das Wasser und die Natur.”
Weitere Informationen: www.fisch-mayer.de
Mehr erfahren Sie in der Ausgabe 01/2023 von Bayerns Bestes. Hier geht es zum Rezept für Ceviche vom Donaufisch.
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