Seit Jahrhunderten werden Christbäume fürs Fest der Liebe herausgeputzt. Doch mit der Zeit wandelte sich ihr Schmuck: von Lebensmitteln über gläserne Kugeln bis zur bayerischen Figur. Eine Spurensuche im Historischen Weihnachtsmuseum in Neustadt bei Coburg.
Christbaumkugeln seit Mitte des 19. Jahrhunderts
Viel Dekoration passte ohnehin nicht auf die Weihnachtsbäume von einst. “Die ersten künstlichen Weihnachtsbäume waren sehr klein”, berichtet Glasbläser Thomas Ziesmer bei einer Führung durchs Historische Weihnachtsmuseum im oberfränkischen Neustadt bei Coburg. Vor etwa 180 Jahren bestanden diese aus Holzstäben, die Nadeln aus eingefärbten Gänsefedern. Auch Selbstgebasteltes aus verschiedenen Materialien fand Platz an den kleinen Bäumen. Weihnachtliche Kugeln aus Glas glänzten ab der Mitte des 19. Jahrhunderts am Christbaum und lösten die Äpfel und Nüsse ab.
Die Heimat des gläsernen Baumschmuckes ist Lauscha in Thüringen. In einem Auftragsbuch aus dem Jahr 1848 ist die erste Weihnachtskugel dokumentiert. Ihren Siegeszug um die ganze Welt verdankt sie dem amerikanischen Unternehmen Woolworth. “Die Firma hat dafür ein paar Dutzend Weihnachtskugeln in Lauscha bestellt”, sagt Ziesmer. Die erste Glashütte soll Christoph Müller in Lauscha bereits im Jahr 1597 eröffnet haben. Dessen Nachfahren setzen die alte Handwerkskunst in der Manufaktur “Inge-Glas”, 24 Kilometer weiter, im bayerischen Neustadt bei Coburg fort.
“Verkaufsschlager ist die Gurkenfigur”
Mit der Teilung Deutschlands trennte sich die Entwicklung des Weihnachtsschmuckes. An der Grenze boomte der Schwarzhandel mit den farbenfrohen Kugeln. In den 1960er Jahren prägte der Künstler Andy Warhol die Mode: Pinke, grüne und blaue, künstliche Bäume, die mitunter umgekehrt an der Zimmerdecke hingen, mit Weihnachtskugeln im selben Farbton waren in den Wohnzimmern zu finden. Im Laufe der Zeit veränderte sich nicht nur die Dekoration, auch Bräuche am Weihnachtsbaum etablierten sich. So haben in vielen Familien auch besondere Schmankerl einen Platz im Nadelbaum. “Verkaufsschlager bei uns ist die Gurkenfigur”, sagt Müller-Blech. Es gibt sie in verschiedenen Größen, besser gesagt in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Die Eltern verstecken diese im Baum und der Finder bekommt beispielsweise ein Brettspiel – das sogenannte Gurken- Geschenk, welches in vielen Familien gleich nach der Bescherung zusammen ausprobiert wird.
Von Kugeln bis zur Weißwurst
Eine Station weiter verspiegelt eine Mitarbeiterin die Figur mit echtem Silber. Eine Malerin verleiht dem kleinen Schneemann schließlich sein Aussehen: schwarze Knopfaugen, Mund, die beiden Arme aus Ästen und drei Knöpfe aus Haselnüssen. Mit reichlich Glitzer und der sternförmigen Halterung versehen, ist er nun fein rausgeputzt fürs Weihnachtsfest. Bis heute sind Weihnachtskugeln und -figuren für viele Familien ein kostbares Gut. Sie werden gehütet und oft von Generation zu Generation weitergegeben. So hängen mancherorts gläserne Weißwürste zwischen klassischen goldenen Kugeln im Baum. Was wohl die Menschen in hundert Jahren zum Baumschmuck von heute sagen werden?
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