Seit am Christbaum Biertragl und Skier auf Oaschpfeifirössl treffen, ist die buntgetüpfelte “Berchtesgadener War” wieder voll im Trend. Schnitzerin Barbara Moderegger lüftet das Geheimnis um ihr neuestes Holzkunstwerk.
“Ohne Musik geht gar nichts. Ein Lied muss eine Geschichte erzählen, dann ist es völlig egal, wenn die Hände den gleichen Handgriff hundertmal machen, weil der Kopf ganz woanders ist”, sagt sie. Das, was sie herstellt, hat Geschichte: Berchtesgadener War, einst Pfennigware aus Berchtesgaden.
Spielzeug zu Christbaumschmuck
Die Tradition bewahren rund 20 Handwerker, Bildhauer und Schreiner rund um Berchtesgaden. Liebevoll und fachkundig fertigen sie nach altem Vorbild fast 50 Motive per Hand: Hühnersteigen, Ratschen, Skier und Arschpfeifenrösser. Die orangen “Oaschpfeifirössl” tragen einen Reiter mit Feder auf dem Hut. Ihr Schweif ist eine Spielzeugpfeife. Dass früher mit ihnen gespielt wurde, zeigen die Rollen unter den Hufen. Die Pfeife hintendran funktioniert.
Tradition in die Zukunft führen
Zwei, die dieses Brauchtum mit neuem Leben füllen, sind Dirk Frees, Restaurator und Geschäftsführer im Laden der Berchtesgadener Handwerkskunst, und Bildhauerin Barbara Moderegger. ” In meiner Jugend hatte ich die Berchtesgadener War gar nicht auf dem Schirm”, gibt sie zu: “Uncool.” Zuhause wurde der Christbaum mit Glaskugeln “aufgekränzt”. Vor zehn Jahren packte die Schnitzerin der Ehrgeiz und die Liebe zur Tradition. Das Klohäusl war ihre erste “War”. Bewegliche Tür und Klorolle inklusive. Seither entwickelt sie jedes Jahr ein neues Motiv: eine Standuhr mit beweglichem Pendel, ein Biertragl, eine Schaukel, die auch auf schiefen Ästen gerade hängt.
Millimeterarbeit und Fingerfertigkeit
Dieses Jahr perfektioniert sie die Prototypen für eine “Stafflei”, eine Trittleiter: “Die muss man komplett zusammenklappen können, mit beweglichem Trittbrett, auch wenn ich dafür an der Unterseite je zwei Kerben schnitzen muss.” Anschließend berechnet sie auf die Minute genau, wie lange sie für ein fertiges Stück in den hunderten Arbeitsschritten vom Sägen, Schleifen, Leimen, Beizen, Bemalen bis zum Binden des roten Aufhängers braucht. Schließlich muss sie wirtschaftlich produzieren. 12 Minuten dauert ein Biertragl. Und die Stafflei? “Mehr”, sie schnauft tief und lacht über sich selbst, dass sie sich nichts Einfacheres vorgenommen hat. 12 Teile, das kleinste zwölf auf vier Millimeter groß. Das würde die Säge einfach wegwirbeln, wenn Barbara Moderegger nicht mehrere Leisten, mit Klebeband fixiert, auf einmal nehmen würde.