Kann Kunst jemals aus der Zeit fallen? Die Bilder des 45-jährigen Benjamin König wirken fast wie aus einer anderen Ära. Eine Zeit, in der die Fantasie noch die Kindheit prägte. In seiner Kunst bilden Licht und Schatten eine Einheit. Und über allem schwebt der Geist der Nostalgie.
„Ich hatte eine Bilderbuchkindheit“, sagt der heute 45-Jährige. Aufgewachsen in einem Dorf mit Bergpanorama, spielte er mit Freunden in der Natur und vorm Einschlafen wurden Märchen vorgelesen. Dazu gehörten mitunter auch schaurige Illustrationen, die Benjamin König in ihren Bann zogen. Damals ahnte er zunächst nur, dass auch in ihm ein solches Talent der Visualisierung schlummert. Ein Talent, das in seiner Schulzeit weder Mitschülern noch Lehrern verborgen blieb.
Eine Karikatur als Initialzündung
„Im Gymnasium habe ich mal während des Unterrichts eine Karikatur meines Französischlehrers gezeichnet. Das hatte sich angeboten“, erinnert sich Benjamin König. „Er hatte so eine Elvis-Tolle und einen langen Lodenmantel an. Nur seine kleinen Schuhe haben unten rausgeguckt. Wenn er ging, sah das aus, als würde er sich in einer Glocke bewegen.“ Weil er damals derart vertieft in die Karikatur war, bemerkte er gar nicht, dass der Lehrer längst neben ihm stand und ihm zusah. „Plötzlich sagte er zu mir, dass ich ihm dieses Bild signieren und schenken soll, weil er es so gut fand. Er appellierte dann an mich, dass ich unbedingt was aus dieser Begabung machen soll.“
Das Kind im Manne
Auch Benjamin König sieht zwischen seinem Stil und heutigen Illustrationen vieler anderer Künstler eine Diskrepanz: „Mein Stil hatte immer schon etwas Retrospektives. Viele heutige Illustrationen wirken auf mich zu einheitlich und zu identitätslos. Das ist ein Stil, den ich nicht bedienen kann.“ Zu sehr sei er dafür von Kinderbuch-Illustrationen der 1970er- und 80er-Jahre geprägt. Oftmals mehr, als ihm das selbst bewusst ist: „Neulich erst habe ich ein altes Kinderbuch aus meiner Kindheit in die Hand genommen. Dabei fiel mir eine Illustration auf, die einem meiner Bilder sehr ähnlich sah. Unterbewusst wirken diese Eindrücke meiner Kindheit also noch heute auf mich.“
"Eine Blumenwiese ist schön, aber sie erzählt mir nicht die ganze Geschichte."
Benjamin König
Der Tod sitzt mit am Tisch
Deshalb möchte Benjamin König den natürlichen Kreislauf des Lebens in all seinen Facetten fantasievoll abbilden. So zeigt eines seiner Werke einen Mann, der mit dem Tod in noblem Ambiente bei Kerzenlicht am Tisch sitzt. Der Mann scheint den Tod dabei zwar verängstigt anzublicken, dennoch schwingt in seiner ganzen Haltung auch Akzeptanz mit. Der Tod sitzt nun mal mit am Tisch, er ist allgegenwärtig. Bilder wie diese zeichnet König nicht nur für Buchverlage im Kinder- und Erwachsenenbereich, sondern auch für Musiker, die entsprechende Illustrationen für ihre Alben benötigen. Früher brachte er seine Werke noch ganz klassisch auf Papier, doch die Zeiten haben sich geändert, wie König weiß: „Änderungswünsche von Kunden waren damals schwierig, wenn das Bild erstmal auf Papier war. Deshalb bin ich vor einigen Jahren auf Digital Painting umgestiegen.
Die Technik hinter den Bildern
Dabei zeichnet er auf einem Tablet. Von dort wird das Gezeichnete direkt auf den Computerbildschirm übertragen. So kann er besser auf Kundenwünsche eingehen und nachträgliche Änderungen vornehmen, sagt König. Für Bayerns Bestes demonstriert er an einem kurzen Beispiel, wie diese Technik funktioniert und wie seine Bilder entstehen. Dabei nimmt er als Grundlage eine Art Nebel und zeichnet darin dann die Konturen eines geisterhaften Gesichtes.
Die Entstehung im Video
Quelle Hintergrundmusik zum Video:
Music from Uppbeat (free for Creators):
https://uppbeat.io/t/roger-gabalda/a-frozen-heart
License code: RCBQHTEYIDJXMVLO
Die Sprache der Kunst
Was ist Kunst in den Augen des Künstlers Benjamin König? „Die Seele des Künstlers muss in seinem Werk erkennbar sein. Ich muss das Gefühl haben, dass ich ihm das abkaufe. Neulich habe ich gesehen, wie jemand Löcher in einen Fahrradschlauch getackert hat und das dann als Kunst deklarierte. Da ist für mich eine Grenze erreicht.“ König fühlt sich dabei an ein Zitat von Otfried Preußler erinnert, das er nicht nur auf Schriftsteller, sondern auf Kunst allgemein projiziert: „Für eine gute Geschichte braucht es zwei Dinge: Einen pfleglichen Umgang mit der Sprache und du musst etwas zu erzählen haben.“ Etwas, das Benjamin König verinnerlicht hat, denn seine Kunst spricht für sich.