Hanf wuchs schon vor über 5.000 Jahren in Bayern, geriet in Vergessenheit, wurde als Suchtmittel geächtet. Nun erlebt die Pflanze vom Stiel bis zum Korn neuen Aufschwung: in der Medizin, als Textil, als Baustoff und gesundes Lebens mittel. Vom Rummel um Cannabis, CBD, Samen und Hanftee
Nahe Straubing liegt der schwere Duft nach Cannabis in der Luft. Ein Schwarm Spatzen stiebt aus Versuchsfeldern zum Hanfanbau. Langstieliger Faserhanf streckt sich übermannshoch in den Himmel. Der niedrigere Körnerhanf trägt duftende Blütenbüschel und erste Samen.
Hanf ist eine der ältesten Nutzpflanzen der Welt. Samen und Fasern gehörten zum Alltag, die Pflanze wurde gegen Krämpfe, Rheuma, Cholera und Schmerzen verordnet. Inzwischen kennen viele Hanf nur als Cannabis, die verruchte Pflanze mit den langfingrigen Blättern, die seit rund 100 Jahren verboten ist. Als vermeintlich weiche Droge, bekannt als Skunk, Hasch, Ganja, Marihuana oder Gras, war sie das Lieblingshalluzinogen der Hippies und soll nun wieder legalisiert werden. Für die Rauschwirkung verantwortlich ist ein einzelner Bestandteil: das THC, mit vollem Namen „Delta-9 Tetrahydrocannabinol“. Als Botenstoff wirkt es auf Psyche, Bewusstsein und Nerven.
Blüte und Blatt: Medizin
Wissenschaftlich erforscht, erobert sich „Cannabis sativa“ als Blüte und daraus isoliertes THC seit 2017 Anerkennung zurück. Ärzte können es austherapierten Patienten verordnen – mit erheblichem Aufwand. Apotheker Dr. Jürgen Leikert hat sich darauf spezialisiert und weiß, Patienten nehmen Cannabis meist gegen mehrere Beschwerden. Ein Beispiel: Ein Patient mit Nervenschmerzen erhält THC. Er merkt, dass er besser schläft, seine schmerzbedingte Depression leichter wird, er mehr Appetit hat, die Muskeln weniger verspannt sind. In der Folge kann er das Schlafmittel und muskelentspannende Mittel weglassen, das Antidepressivum reduzieren. Inklusive aller Nebenwirkungen.
Der Hype um CBD
Insgesamt enthält Hanf 113 Cannabinoide. Weil der Mensch auch selbst sogenannte Endo-Cannabinoide bildet, die Hunger, Übelkeit, Schmerz und Schlaf beeinflussen, sind diese für Mediziner spannend. Insbesondere um CBD, das Cannabidiol, ist ein regelrechter Hype entbrannt. Arzneimittel werben mit diesen drei Buchstaben, denn es gibt Hinweise, dass CBD entspannen, Entzündungen und Schmerzen hemmen, den Blutdruck senken und die Stimmung aufhellen kann. Als Gegenspieler kann es sogar den THC-Rausch lindern.
Ätherische Öle entzündungshemmend
Blätter und Blüten enthalten neben den Cannabinoiden noch rund 200 Terpene, die Geruch und Geschmack prägen. Die ätherischen Öle wirken entzündungshemmend, angstlösend, entspannend und schmerzlindernd. Einzelne kennt man aus Salbei, Zitrusfrüchten, Eukalyptus. Zudem wurden 21 Flavonoide gefunden, sekundäre Pflanzenstoffe, die als zellschützend gelten. Diese Inhaltsstoffe können mit ein Grund dafür sein, dass Cannabis je nach Sorte und Anwender anders wirkt, dass Blüten komplexer wirken als isoliertes THC. Auch „Vollspektrum-CBD-Öl“ wird daher als wertvoller angesehen als reines CBD.
Nutzhanf - komplett legal
Auch als Kulturpflanze wird Hanf wiederentdeckt. „Meine Nachbarn sagen, sie schlafen bei dem Duft vom Hanffeld so gut“, erzählt Agraringenieur Daniel Baumann aus Mamming. Der würzige Cannabisgeruch – erfrischend, süßlich, erdig, heuig, teils scharf, aromatisch – ist je nach Sorte und Wachstumsbedingungen anders. Seit fünf Jahren baut er Nutzhanf an. Nicht zu verwechseln mit Cannabis. Aus den zugelassenen Sorten wurde THC bis auf einen Grenzwert von unter 0,2 Prozent herausgezüchtet.
Hanf zum Kochen und Backen
Baumann konzentriert sich auf die Samen. „Die sind ein gesundes Lebensmittel mit Mehrwert aus der Region. A Superfood.“ Samen, knusprige Toppings, hochwertiges Proteinpulver für die vegane Ernährung, Hanfsamenöl und Hanf-Teemischungen stellt er her. Ungeschälte Samen röstet Baumann kurz an und brachte damit sogar Starkoch Alexander Herrmann ins Schwärmen: „Geil! […] wie klitzekleines Popcorn“. Sie schmecken nussig. Ohne Schale sehen sie aus wie gehackte Nüsse, sind cremig auf der Zunge. Kaltgepresstes Hanföl enthält fast nur lebenswichtige Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren im optimalen Verhältnis – eins der gesündesten Pflanzenöle überhaupt.
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Den vollständigen Beitrag und weitere Infos rund um den Hanf finden Sie im Magazin „Bayerns Bestes“, Ausgabe 04/2022.
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