Unter Tage herrscht ein anderes Klima: Atemwegserkrankte schätzen die natürlichen Kräfte im Heilstollen der Pottensteiner Teufelshöhle – und begeben sich in Selbsttherapie.
Hilfe bei Asthma oder Heuschnupfen
Für ein kräftiges Durchatmen sorgt der vier bis sechsfach höhere Kohlenstoffdioxid-Gehalt im Inneren der Höhle. Dieses Gas entsteht bei der Tropfsteinbildung. In einem großen Raum tauchen Farbspiele und Wandlampen das Höhlengestein in schummriges Licht. Pechschwarze Rinnsale laufen die Wände hinab, verursacht durch die chemische Reaktion von Manganoxid und natürlichen Kohlenstoffverbindungen.
Das Jahr 2022 steht ganz im Zeichen des 100-jährigen Jubiläums der Teufelshöhle Pottenstein. Hier geht’s zu den Veranstaltungen und dem kompletten Programm zum Jubiläum.
In Einbuchtungen verteilen sich Liegen und Stühle. Hier nimmt Platz, wer die heilende Wirkung der
Höhlenluft sucht – medizinisch Speläotherapie genannt. „Meist sind es Menschen, die an Asthma oder chronischer Bronchitis leiden“, erzählt Wolfgang Tischer, stellvertretender Betriebsleiter der Teufelshöhle. Linderung verspüren auch diejenigen mit Pollenallergie, Heuschnupfen oder Keuchhusten. Selbst Neurodermitis soll sich bei manchen nach dem Aufenthalt in der Höhle bessern.
Schleimhäute werden stärker durchblutet
In der feuchten, kalten Höhlenluft werden die Schleimhäute stärker durchblutet. Das Ausatmen fällt
leichter und das Abhusten gelingt dadurch besser. Tischer weiß, wovon er spricht. Er ist Pollenallergiker und reagiert empfindlich auf Birkenpollen. Wenn es in der Natur blüht und grünt, ist er in der Höhle völlig beschwerdefrei. „Keine tränenden Augen, kein Kratzen im Hals, kein Juckreiz – es bringt tatsächlich was“, sagt er. In der Pollensaison benutzt er sonst ein Asthmaspray, auf das er nach Besuchen in der feuchten Höhlenluft weitgehend verzichten kann.
Ein Schlafsack hält warm
Mein Blick hebt sich zur Decke. Regungslos hält sich ein kleines Fellknäuel an einer Gesteinskante fest. Es ist eine Fledermaus, die sich ihr Winterquartier gesucht hat. Im Schatten neben ihr versteckt sich eine weitere – kopfüber hängend, wie es sich gehört. „Das könnten Wasserfledermäuse oder Mopsfledermäuse sein“, spekuliert Tischer. Ihre stoische Ruhe färbt auf mich ab. Ich bin tiefenentspannt, konzentriere mich voll und ganz auf eine ruhige, gleichmäßige Atmung. Selten habe ich meinen Körper so bewusst wahrgenommen. Es scheint, als sei die Zeit stehengeblieben.
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Als begleitende Therapie geeignet
Als alleiniges Therapeutikum sei die Speläotherapie nicht gedacht, sagt Tischer. Vielmehr eigne sich der Aufenthalt in der Höhlenluft als wertvolle, begleitende Therapie. „Absolut ohne Nebenwirkungen“, wie er versichert. Ob die Höhlenluft die Spätfolgen einer Corona-Erkrankung lindern kann? „Zur Rekonvaleszenz, nachdem das Ganze überstanden ist, kann ich mir das gut vorstellen“, sagt Tischer. Eine Dreiviertelstunde atme ich jetzt schon die wohltuende Höhlenluft ein. Das reicht mir. Gefühlt hat sich meine Körpertemperatur der Raumtemperatur ein gutes Stück angenähert. Wie frisch konserviert verlasse ich die Liegeposition. Platsch. Ein Tropfen fällt auf meine Schulter. Noch einer, diesmal auf den Kopf. Wenige Meter entfernt steht ein kleines Häuschen, eingemauert hinter Steinwänden. Ich betrete den Raum und greife zu einem gelben Telefon. Die 208 ist die Nummer ins Freie: Tischer ist informiert und kommt mich abholen. Vorbei an lamellenartigen Gesteinsstrukturen und Wasserbecken geht es hinaus. Das Tageslicht am Eingang der Höhle erschlägt mich fast. All die Düfte kommen zurück: Es riecht nach Wald, Wasser und der atmenden Natur. Während ich die Höhlenfrische langsam abwerfe, hole ich tief Luft – es könnte glatt zur Gewohnheit werden.
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