Ausziang statt Raufn: Fingerhakeln

Wie geht´s? Das zeigen hier die Fingerhakler Isargau
Wie geht's? Das zeigen hier die Fingerhakler Isargau: Alois Willibald (v.l.), Helmut Kronseder und Georg Rauchenberger. (Foto: Arndt Pröhl/Fingerhakler Isargau e.V.)

Zwei Männer, ein Tisch, ein Lederriemen. “Beide Hakler fertig … zieht!” Und schon versuchen die beiden, sich gegenseitig über den Tisch zu ziehen. Was schon beim Zuschauen weh tut, war früher im Wirtshaus gängige Methode, um einen Streit auszutragen. “Raufereien waren im Wirtshaus nicht erwünscht”, sagt Georg Rauchenberger (22) vom Verein “Fingerhakler Isargau” aus Gaißach. “Also hat man es ‚ausgezogen‘.”

Heute ist das Fingerhakeln bayerischer Volkssport, der vorwiegend im Sommer im Bierzelt stattfindet. Ab sechs Jahren ist das Hakeln erlaubt, nach oben gibt es keine Grenze. Bei Meisterschaften darf jeder teilnehmen, der in einem Verein gemeldet ist. Standard ist der Mittelfinger, ist dieser verletzt, nimmt man den Ringfinger.

Was einen guten Fingerhakler ausmacht? “Kraft im Kreuz, Taktik und Biss, dass man gewinnen möchte”, sagt Rauchenberger. Buben werden in Bayern vomVater ins Hakeltraining mitgenommen. “Man schaut zu, trainiert a bissl, hockt sich an den Tisch und schaut, was geht”, sagt Rauchenberger. Im Endspurt auf die Meisterschaften wird alle zwei Tage, mindestens jedoch dreimal pro Woche, etwa 45 Minuten lang trainiert. Extreme Siegertypen bringen es auf zweimal eine halbe Stunde pro Tag. Ansonsten hält sich Rauchenberger durch seinen Job als Waldarbeiter fit.

Schmerzhaft sei das Hakeln nur bedingt. “Mei, wie man es verträgt”, sagt er. Kommt schon mal vor, dass man sich mit dem Riemen die Haut abschürft. Das heilt wieder. Eine gerissene Sehne im Finger hat Rauchenberger nur zweimal erlebt, aber nicht am eigenen Leib. Ziehen, nicht reißen heißt eine Regel. Und sollte man doch mal auf dem Stuhl den Halt verlieren, gibt es Auffänger, die hinter den beiden Kontrahenten sitzen.

DAs sagt Experte
Sepp Maurer

“Beim Fingerhakeln geht es zu 90 Prozent um den Finger, der Rest sind Kraft im Rücken und Reaktionsvermögen. Es ist Wahnsinn, was Fingerhakler für einen Trainingsaufwand betreiben. Und man muss dranbleiben. Manche hängen sich sogar an einen Frontlader. Wer keinen geübten Finger hat, dem würde ich nicht raten, es mauszuprobieren – außer der Gegner ist ebenfalls kein Fingerhakler. Selbst gegen junge Buben hat man keine Chance. Bei uns im Studio trainieren Fingerhakler mit Gewichten und zusätzlich am Rudergerät. Der Vorteil für die Gesundheit: Es macht Spaß und stärkt das Selbstbewusstsein.”

Weitere bayerische Volkssportarten stellen wir im Magazin “Bayerns Bestes” (Ausgabe 02/2023) vor.

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Matthias Jell

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