Ausbeutung, Hunger, Existenznöte – das Sozialdrama „Die Weber“ von Gerhart Hauptmann zeigt eindrucksvoll, durch welche Umstände es zum schlesischen Weberaufstand 1844 kam. Die Festspielgemeinschaft Kötzting e.V. (FSG) bringt das Stück im nächsten Jahr auf den Ludwigsberg in Bad Kötzting, traditionell in bairischer Mundart. Der künstlerische Leiter Sascha Edenhofer erklärt im Interview, warum man sich für „Die Weber“ entschieden hat und welche Highlights auf die Besucher warten.
Wie kamen Sie zu den Waldfestspielen Bad Kötzting, und wie lange sind Sie schon dabei?
Sascha Edenhofer: Es hat sich alles völlig überraschend ergeben, auch wenn es bekanntlich keine Zufälle gibt. Der Verpflichtung 2021 gingen eine Reihe von Begebenheiten und im Anschluss viele Gespräche am Telefon und in Videokonferenzen während der Lockdowns voraus.
Sie wohnen in Straubing. Wie bringen Sie Beruf, Familie und das Theaterspielen unter einen Hut?
Edenhofer: Nur als Team mit meiner Frau Sabine, einem hohen Maß an Selbstdisziplin und mit ausgereifter Organisationsarbeit ist der weite Spagat zu bewältigen. Eine ordentliche Portion Leidenschaft und die Liebe zum Theater helfen mit, vieles in „positiven Stress“ umwandeln zu lassen.
Was war Ihr bisheriger Höhepunkt als künstlerischer Leiter bei den Waldfestspielen?
Edenhofer: Das Debüt unmittelbar nach der Corona-Pandemie, zeitgleich mit dem Umbruch in der FSG, waren kein leichtes Unterfangen. Somit war die Stückwahl essenziell entscheidend. Mit dem zum Nachdenken anregendem Märchen „Da Asch´nmo“, frei nach Ferdinand Raimunds´ „Das Mädchen aus der Feenwelt“, fanden meine Assistentin Barbara Schöneberger und ich im Jahr 2022 einen geeigneten Nenner, an welchem sich mehrere tausend Besucher erfreuten. Es war das bislang einzige Projekt bei den Waldfestspielen, bei welchen das vereinbarte Engagement aktuell bis 2025 verlängert wurde.
Warum haben Sie sich für „Die Weber“ im kommenden Jahr entschieden?
Edenhofer: Die Matrix für eine Stückauswahl der „Dimension Ludwigsberg“ ist durchaus komplex. Maßgeblich für die Entscheidung waren drei Komponenten: Das Stück musste passen zu dem seit über drei Jahrzehnten bewährten Genre „Klassiker der Weltliteratur in bairischer Mundart“, einer aktuell geeigneten Spielerstruktur, und es sollte ein schier zeitloses Thema sein.
Apropos „Weltliteratur in bairischer Mundart“. Ist es schwierig, die Stücke zu „übersetzen“?
Edenhofer: Während es sich im Vorgängerstück um einen österreichischen und daher um einen für uns gängigen Sprachgebrauch handelte, haben wir es nun mit Fachbegriffen aus dem früheren Weberhandwerk, gepaart mit dem schlesischen Dialekt, zu tun. Wir übersetzen in den oberpfälzischen Dialekt, was mir als Niederbayer nur mit „verlängerten Armen“ möglich ist, ohne Gerhard Hauptmanns Präsenz und Dichte der Szenen zu verlieren und ohne dabei die Sprachrhythmik zu brechen. Das sind erklärte und unbedingte Absichten für die erste bairische Mundartfassung von „Die Weber“.
Dürfen Sie weitere Highlights verraten?
Edenhofer: Allein die Tatsache, dass das Werk in lediglich fünf Bildern erzählt wird, ist besonders. Es sollen große atmosphärische Bilder werden, wobei das Bühnenbild der Originalzeit 1844 entsprechend, reduziert und schlicht bleibt. Für die Wohnräume des reichen Fabrikanten Dreißiger planen wir nachhaltig und gestalten mit Bühnenmeister Franz Bachl den vorhandenen Palast des Vorgängerstücks um. Die ersten Skizzen gibt es bereits von Kostümdesignerin Antje Adamson, und Corinna Eichinger feilt an authentischen Bärten und Frisuren sowie den optischen Unterschieden zwischen Arm und Reich, während Requisiteurin Theresia Kühlmeyer einen Aufruf für alte Webstoffe gestartet hat. Lichtdesigner Thomas Schöneberger und Tontechniker „Mike“ komplettieren das Team im künstlerischen Bereich.
Wie viele Personen werden wir nächstes Jahr auf der Bühne sehen?
Edenhofer: Knapp fünfzig Sprechrollen sind mit Spielern aus vier Generationen (im Alter von drei bis 71 Jahren) besetzt. Sie schlüpfen in insgesamt etwa achtzig Rollen.
Warum sollten man unbedingt zur Aufführung nach Bad Kötzting kommen?
Edenhofer: Am Ludwigsberg herrschen stückunabhängig beste Voraussetzungen für eindrucksvolle Theaterabende unter freiem Himmel. Das Publikum erwartet ein Stück Zeitgeschichte, denn der Weberaufstand 1844 löste weltweit eine Kettenreaktion aus, gilt als Ursprung sämtlicher Arbeitnehmerverbände und ist zeitlos von größter Bedeutung. Der Theaterklassiker wird in einem wunderbaren Sprachstil erzählt, sodass sich alle Beteiligten – Spieler wie Zuschauer – auf einen intensiven Theaterabend freuen dürfen.
Karten für „Die Weber“ gibt es ab 1. Dezember unter okticket.de, im Kur- und Gästeservice Bad Kötzting sowie bei allen angeschlossenen Vorverkaufsstellen. Aufführungstermine: 27. und 30. Juli, 2., 3., 4., 6., 9. und 10. August 2024. Weiterhin werden auch Requisiten und Fachwissen gesucht.
Für “Die Weber” werden noch Requisiten gesucht. Mehr darüber und über das Stück erfahren Sie hier.
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