Eppelein-Festspiele im Nürnberger Land: Robin Hood auf Fränkisch

Gegen die Halsabschneider: Raubritter Eppelein bestiehlt die Reichen und gibt den Armen.
Gegen die Halsabschneider: Raubritter Eppelein bestiehlt die Reichen und gibt den Armen. (Foto: Nürnberger Land Tourismus, Thomas Geiger)

Von 7. bis 24. Juli 2023 lässt das Nürnberger Land wieder seinen „fränkischen Robin Hood“ bei den Eppelein-Festspielen, die alle drei Jahre stattfinden, lebendig werden. Hauptfigur des von Werner Müller geschriebenen Volksschauspiels ist Raubritter Eppelein von Gailingen, der im 14. Jahrhundert die Nürnberger Patrizier und Kaufleute um ihren Reichtum und Verstand brachte. Rund 80 Laiendarsteller aus der Region bringen die bekanntesten Sagen über den ehrlichen Strauchdieb vor historischer Kulisse im Burghof der Burg Thann in 17 Szenen auf die Bühne.

„Einst genossen Ritter ein hohes Ansehen. Doch mit dem Wachstum der Städte wurde deren Oberschicht, die Patrizier, immer reicher und mächtiger“, sagt Lothar Schölzke, Organisator, Co-Regisseur und Darsteller der Eppelein-Festspiele. Die Landbevölkerung und auch die Ritter verarmten zusehends. „Dass er, der Ritter Eppelein von Gailingen, Steuern zahlen sollte, schmeckte ihm gar nicht“, beschreibt Schölzke den „historischen Eppelein“, um den sich viele Sagen ranken. Mit seinen Cousins Hermann und Dietrich Bernheim machte dieser fortan als sogenannter Raubritter gemeinsame Sache. Er überfiel Handelszüge, beging zahlreiche Diebstähle in der Stadt und lehnte sich somit auch gegen die Nürnberger Stadtregierung auf. Kurzum: Er war der Schrecken der Nürnberger Kaufleute, auch „Pfeffersäcke“ genannt, die ein Kopfgeld auf ihn aussetzten. Zu seiner Verteidigung: Seine Beute teilte Eppelein immer mit der verarmten Landbevölkerung. Und dennoch: Die Aussicht auf viel Geld war für die Ezelsdorfer Bauern schließlich Anlass genug, um Eppelein – aus den eigenen Reihen heraus – zu verraten. Er wurde im Turm der Burg Thann eingesperrt. Dort verbrachte er seine letzte Nacht, bevor er 1381 in Neumarkt ebenso wie seine Cousins gerädert wurde.

Mittelalterkostüme per Hand genäht

Ein Held, der sich mit illegalen Machenschaften gegen das Establishment auflehnt, den Armen hilft und am Ende mit seinem Leben bezahlt: Der Stoff aus dem Theaterstücke sind. Davon war der verstorbene Helmut Buchner (Initiator der Festspiele) bereits vor mehr als 20 Jahren überzeugt. Mit Hilfe des Autors Werner Müller entstand das Volksschauspiel, das seit 2005 alle drei Jahre ausschließlich auf Burg Thann mit viel Humor, witzigen Dialogen und rund 80 Laienschauspielern aufgeführt wird. „Vier Monate lang wird jedes Wochenende geprobt. Aber nur vormittags, damit noch Zeit für die Familie bleibt“, sagt Lothar Schölzke. Alle Mittelalterkostüme werden übrigens aufwändig per Hand genäht und immer auf den jeweiligen Darsteller angepasst. Dieses Jahr schlüpft erstmals der Schauspieler Harald Franz in Strumpfhosen und buntes Gewand vom „Ebbelein“, wie man im fränkischen Dialekt sagt. Vor dem exklusiven Kreis von maximal 230 Zuschauern und der Burgkulisse reist das Ensemble mit den Gästen ins Mittelalter und ist bei den besten Coups der Hauptfigur live dabei: Wie er des Kaisers diamantenes Vögelchen stiehlt, den Marktleuten als „dreifacher Eppelein“ einen Streich spielt und auch als er dem Bräutigam seiner angebeteten Traumfrau Agnes den Hochzeitskuss vor der Nase wegschnappt. Gewusst wie. Vielleicht hat sich Eppelein von Gailingen aber auch einfach nur den Ratschlag eines Nürnberger Kaufmanns sehr zu Herzen genommen: „Wer sich immer nach Gesetzen richtet, der bleibt sein Leben lang ein armer Hund.“

Das Theaterstück wird von 7. bis 24. Juli immer freitags und samstags (20 Uhr) sowie sonntags (15 Uhr) aufgeführt. Die Open-Air-Vorstellung dauert 1,5 Stunden; in der Pause kann man sich an Ständen mit Getränken und Brotzeit versorgen. Ticketpreise: 20 bis 25 Euro (ermäßigt zwischen 17 und 23 Euro). Karten unter: www.eppelein-festspiele.de

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Matthias Jell

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