Es dauerte nur wenige Minuten, dann war alles Leben im Umkreis von 100 Kilometern ausgelöscht: Ein Meteoriteneinschlag formte das Nördlinger Ries – eine weltweit einzigartige Kraterlandschaft in Bayerisch-Schwaben, in der bis heute Astronauten trainieren und Forschungen betrieben werden. Auch für Touristen hat das Ries einiges zu bieten: So können sich Besucher im RiesKraterMuseum über den Einschlag informieren, im Geopark Ries eine Reise in die Erdgeschichte unternehmen und malerische Städte wie Nördlingen besuchen.
Weltruhm für die Region zwischen Schwäbischer und Fränkischer Alb
Dass die idyllische Region zwischen Schwäbischer und Fränkischer Alb einmal zu Weltruhm gelangen würde, daran hat im Landkreis Donau-Ries vor 1960 wohl niemand gedacht. Doch dann geschah etwas, das nicht nur die Geologie, sondern auch die Bedeutung des Kraters für immer veränderte: Lange war die Wissenschaft davon ausgegangen, dass der Krater, der rund 25 Kilometer Durchmesser hat, aus einem Vulkan entstanden sei. „Man wusste, da war einmal ein See, weil man Ablagerungen gefunden hatte“, erzählt Stefan Hölzl. „Das Gestein sah in vielerlei Hinsicht aus wie bei einem Vulkanausbruch.“ Heute kann man im Steinbruch Altenbürg noch sehen, was zu der Annahme verleitet hat: „Da hat man Kalksteine links und rechts, und dazwischen steckt ein Durcheinander von allem Möglichen: aufgeschmolzenes Material, Bruchstücke von tief unten, also einfach Chaos.“ Dieses „Chaos“ in der Mitte hielt man für vulkanisches Material.
Riesenkrater durch Meteoriteneinschlag
Fündig wurde Eugene Shoemaker in Bayern. „Der Legende nach nahm er einfach eine Probe von der Nördlinger Kirche St. Georg und dem Kirchturm“, erzählt Professor Stefan Hölzl. „Denn beide wurden aus Suevit gebaut.“ Im sogenannten „Schwabenstein“ fanden die Amerikaner zwei Hochdruckminerale, die sie selbst erstmals im Barringer-Krater entdeckt hatten. Eine Analyse bestätigte ihre These: Der Rieskrater war durch einen Impakt, einen Meteoriteneinschlag, entstanden – ein Schock für die alteingesessenen Geologen und eine Sensation für die Wissenschaft und das Nördlinger Ries. Für die Vorbereitung der Apollo-Mondmissionen wurde der schwäbische Krater zum wichtigen Forschungsort.
Angriff aus dem All
Alles begann mit einer gigantischen Katastrophe: Vor rund 15 Millionen Jahren nähert sich ein Meteorit der Erde, der etwa 1000 Meter Durchmesser hat. Im heutigen Landkreis Donau-Ries schlägt er ein. Bereits vor dem Aufprall schmilzt durch die Druckwelle Gestein der vermutlich wasserreichen Erdoberfläche, wird in die Atmosphäre geschleudert, erstarrt zu Glas und fliegt dann bis zu 450 Kilometer weit. Heute findet man diese Tektite unter anderem in Böhmen, Mähren und der Lausitz.
Doch damit war es noch nicht vorbei: Durch den Aufprall bohrt sich der Meteorit tief in die Erdoberfläche, wird stark komprimiert und explodiert dann mit der Sprengkraft von mehreren 100000 Hiroshima-Atombomben. Eine Glutwolke mit geschmolzenem und zerbrochenem Gestein schießt rund 100 Kilometer in die Höhe. Nur zehn Sekunden nach dem Aufprall ist ein mehr als vier Kilometer tiefer Krater mit einem Durchmesser von rund 12 Kilometern entstanden. Aus den unteren Erdschichten wird Gestein nach oben befördert, der steile Kraterrand und die Glutwolke kollabieren. Das aus der Explosion hervorgegangene Gestein lagert sich über der zerstörten Landschaft ab. Alles Leben im Umkreis von 100 Kilometern ist mit einem Schlag ausgelöscht worden, die Landschaft und der Lauf der Flüsse haben sich für immer verändert.