Hannes Ringlstetter: „Wir sind Männer mit Gefühlen“

Hannes Ringlstetter live.
Hannes Ringlstetter live. (Foto: imago/ FutureImage)

Hannes Ringlstetter ist Vollblutmusiker, Moderator, Kabarettist, Schauspieler, Buchautor. Seine private Seite erleben wir im entspannten Gespräch mit seinem Bandkollegen Stefan Lang: über ihre Freundschaft, das Tourleben und warum „Mia san mia“ nicht ihre Werte ausdrückt.

Ein Tonstudio rund 20 Kilometer von Straubing entfernt. Vor der Pizza zum Abendessen singt Hannes Ringlstetter seinen neuen Song ein, eine Hymne an den Eishockeyclub „Straubing Tigers“. Ein Schlagzeuger, ein Bassist, ein Gitarrist und ein Keyboarder begleiten ihn. Im Anschluss fragt Ringlstetter, ob er kurz rauchen gehen darf. Danach setzt er sich mit einem Bier auf die Couch. Tonstudiochef Stefan Lang, der in der Band verschiedene Blasinstrumente spielt, lehnt an einer Säule.

Bayerns Bestes: Danke, dass Sie sich Zeit nehmen für einige Fragen.

Hannes Ringlstetter: Ich muss mich entschuldigen, dass es so lange gedauert hat. Viel los im Moment.

Hannes Ringlstetter ganz entspannt vor dem Gespräch.
Hannes Ringlstetter ganz entspannt vor dem Gespräch. (Foto: Franz Aichinger)

Wie lange kennen Sie beide sich?

Stefan Lang: Ewig. Schon seit der Schulzeit in den 80ern.

Ringlstetter: Stimmt. Wahrgenommen habe ich dich zum ersten Mal bei eurem „Jam Jar“ Konzert.

Lang: In Straubing waren wir auf verschiedenen Gymnasien. Man kennt sich, wenn man Musik macht – wir zuerst nicht miteinander.

Ringlstetter: Erst ab 2000.

Lang: Mit der Band „Schinderhannes“.

Ringlstetter: Wir haben Bläser gesucht. Unser Produzent hat auch dich genannt. Es war klar, dass ich dich nehme.

Lang: Danach hatten wir wieder so 20 Jahre nichts miteinander zu tun.

Stefan Lang in seinem Tonstudio
Stefan Lang in seinem Tonstudio (Foto: Tanja Völkl)

Ringlstetter: Nicht mit Vorsatz. Weil bei der Band schon ein Multi Instrumentalist dabei war. Es ging wieder los 2018?

Lang: 2019. Es war nicht geplant, dass ich fest in der Ringlstetter-Band bin. Es fiel jemand aus. Und du hast nach ein paar Konzerten gesagt, jetzt bleibst. Ich habe mich nicht gewehrt (lacht).

Ringlstetter: Du hast eine Naivität bei manchen Sachen, die ich süß finde. Und das, obwohl du diesen Job schon so lange so erfolgreich machst. Und übrigens kannst du sehr aufgeregt sein vor einer Show.

Lang: Aber das legt sich doch nach der ersten Nummer.

Ringlstetter: Ja. Ich habe eher den Druck, dass ich die Texte können muss (lacht).

Lang: Dass du gleich auffliegst!

Ringlstetter: Und den Mut verliere ich kurz. Was ich auch an dir schätze: Du hörst nie auf zu musizieren. Du überrascht immer wieder mit einem anderen Musikstil.

Lang (wirkt gerührt): Wow, danke.

Ringlstetter: Und jetzt du!

Lang: Du bist ein Freund. Und ein sehr gerechter Chef. Mit dir kann man Spaß haben und ernst reden.

Ringlstetter: Wir haben immer Phasen, in denen es mal ernst ist.

Lang: Das geht der ganzen Band so.

Ringlstetter: Wir sind eben befreundet, wir wissen, was privat bei wem los ist. Und sobald wir in den Bus steigen, leben wir in einer Parallelwelt.

Lang: Für mich ist eine Tour wie Urlaub. Du bist komplett woanders.

Ringlstetter: Und du musst dich mal um nichts sorgen.

Lang: Du schon, als Chef!

Ringlstetter: Ja, aber nicht um Alltägliches. Du kannst dich nur um die Musik kümmern.

Lang (nachdenklich): Das musst du auch mal schaffen: 15, 16 Leute – und kein Depp dabei.

Stefan Lang und Hannes Ringlstetter verbindet eine langjährige Freundschaft.
Stefan Lang und Hannes Ringlstetter verbindet eine langjährige Freundschaft. (Foto: Franz Aichinger)

Stille. Ringlstetter schmunzelt. Er schaut nach oben zu Stefan Lang. Beide fangen an zu lachen.

Ringlstetter: Claus halt. (Anm. d. Redaktion: Claus Biedermann, Manager der Ringlstetter-Band, sitzt weiter weg auf einem Sessel und lacht.) Im Ernst: Die Nähe auf Tour kriegt man nicht mit Oberflächlichkeit überbrückt. Und das Schöne ist der feste Rhythmus.

Lang: Üblicherweise kommt man in der Nacht mit dem Tourbus an. Jeder schläft, solange er mag. Es wird gefrühstückt. Um 13 Uhr laden wir das Equipment aus und bauen auf. Weißt, was ich schlimm finde? Wenn einer schon um 12.30 Uhr auslädt. Da habe ich immer ein schlechtes Gewissen.

Ringlstetter: Ich auch! Weil das Seltsamste an dieser Band ist die Übermotivation.

Lang: Pünktlichkeit finde ich wiederum gut. Das ist nicht normal für Musiker.

Ringlstetter: Ja, es ist keine Chaoten-Combo. 15 Uhr Soundcheck, ab 16 Uhr proben wir ein paar Nummern. Punkt 18 Uhr Abendessen. Zwischen 19 und 20 Uhr ist es komisch, das Publikum kommt, die Anspannung steigt. 19.45 Uhr umziehen. 19.55 Uhr sind wir fertig. Dann kommt Claus und sagt, es geht später los. Da kriege ich einen Hals, das mag ich gar nicht (lacht). Mein heiliger Moment ist vor den Zugaben: Man weiß, ab jetzt hat man 20 Minuten nur noch Spaß ohne Druck auf der Bühne. Nach der Show gebe ich Autogramme.

Lang: Wir anderen schwitzen uns kurz aus.

Ringlstetter: Dann bauen wir ab und beladen den Lkw. Wir machen nicht bis 4 Uhr Party.

Lang: Hatten wir auch schon.

Ringlstetter: Aber normal geht es zwischen 24 und 1 Uhr in den Bus. Es folgt eine super Zeit: Keiner ist allein, sondern wir reden, wie so oft, was gut, was schlecht war.

Lang: Ja, denn selbst beim Soundcheck wird noch verbessert. Wir tauschen uns immer aus. Es ist niemandem etwas wurscht.

Ringlstetter: Und danach die nächste Stadt. Immer wieder sind wir überrascht, dass Leute kommen. 500, 1500, mal 5000.

Lang: Das ist alles nicht selbstverständlich.

Ringlstetter: Auf keinen Fall. Denn wir kennen das, wenn man hinausgeht, und da stehen 25 Besoffene und drei Vollidioten. Wirst du überheblich, wird das Publikum ab dem Tag weniger. Was auch schön ist: Man fährt im Bus durch die Nacht, und du weißt, du lebst deinen Jugendtraum. Ich habe 1989 mit Gitarre spielen angefangen, zur Liedermacherzeit, damals, Hans Söllner, Ringsgwandl, Wolfgang Ambros zum Beispiel. In Straubinger Kneipen lief es super, bis in die 90er. Ich bin nach Regensburg gegangen, da hat niemand im Rockbereich bairisch gesungen. Um zurückzukommen: Nach wie vor packt mich bei jedem Auftritt etwas. Zum Beispiel bei dem Song „Niederbayern“.

Lang: Es ist super, den im Bayerischen Wald zu spielen. Da weint selbst der härteste Waidler. Und bei „Heller Schein“.

Ringlstetter (nachdenklich): Magisch.

Lang: Oder als wir das erste Mal „Weißte noch“ mit Wolfgang Niedecken (Anm. d. Red.: Frontmann von „BAP“) spielten. Wir haben den Song früher rauf und runter gehört.

Ringlstetter: Das war richtig krass. Und dann stehst du mit dem Original auf der Bühne.

Ringlstetter zupft gedankenverloren an seiner Gitarre, Lang reicht ihm ein Bier.

Hannes Ringlstetter geboren in München, aufgewachsen in Straubing, lernte mit fünf Jahren Klavier und Blockflöte. Während seines Studiums an der Universität Regensburg (Fächer: Germanistik und Geschichte) gründete Ringlstetter die bayerische Mundart-Rockband „Schinderhannes“. Mit seiner jetzigen Gruppe, der „Ringlstetter-Band“ tourt er regelmäßig durch Deutschland und Österreich. Seine Aufgaben: Chef, Gesang, Gitarre und Entertainment. Nach einem Praktikum beim regionalen Fernsehsender moderierte er verschiedene Sendungen, es folgten Bühnenengagements, unter anderem am Hamburger „Schmidt Theater“ und in „Ottis Schlachthof“. Seit 2011 spielt Ringlstetter den Autowerkstattbesitzer „Yazid“ in der Fernsehserie „Hubert mit/ohne Staller“. Er ist außerdem Gastgeber der wöchentlichen Late-Night-Sendung „Ringlstetter“ im BR Fernsehen.

Sie haben „Niederbayern“ erwähnt. Wie wichtig ist Ihnen dieser Song?

Ringlstetter: Die Leute kamen anfangs deshalb zu den Konzerten. Und merkten: Der Rest ist auch kein Schmarrn. In „Niederbayern“ ist alles drin, was ich mit Heimat verbinde. Wir sind weltoffene Menschen, halten zusammen, sind keine Arschlöcher, grenzen niemanden aus – eben kein Heimatkack wie „Mia san mia“. Wir sind keine sexistischen Deppen. Das ist mir wichtig. Wir sind Männer mit Gefühlen.

Lang: Der Song drückt für mich auch Heimat aus. Wir sind halt hier geboren und legen es uns so zurecht, wie es passt.

Ringlstetter: Aber ich mag mich nicht mehr anschreien lassen, weil ich keine Lederhose trage. Ich bin nicht dagegen, aber ich bin das halt nicht. In Bayern diskutiert man schnell, auch zum Dialekt. Katastrophe, wenn wer ‚Tschüss‘ sagt. Schwachsinnig für mich. Und die Heulerei, dass niemand mehr Dialekt kann. Noch nie hat er in der Wahrnehmung so geboomt. Und noch nie hat man Dialekt so mit etwas Positivem verbunden. Früher war Dialekt hinterwäldlerisch.

Lang: Jetzt heißt es, man steht zu seiner Identität. Dialekt ist was Schönes.

Ringlstetter: Klar! Nur wenn man in der Familie nicht Dialekt gesprochen hat, dann ist das eben so. Und dass man sich besser findet als andere Bundesländer – nein.

Mit acht Jahren lernte Stefan Lang Klavier, mit zehn Trompete. Während seiner Schulzeit spielte er unter anderem in der Band „Jam Jar“ – die „erste eigene Sache“. Drei professionelle CDs in den Sparten Funk, Soul und Jazz entstanden. Lang studierte Jazztrompete und Klavier an den Konservatorien in München und Würzburg. Lang war unter anderem Mitglied von „Bayerman Vibration“ (der Reggae-Band von Hans Söllner), spielte mit Liedermacher Konstantin Wecker und trat mit den „Sportfreunden Stiller“ auf. Mit weiteren Ensembles ging es unter anderem nach Italien, Südafrika und Russland. Seine Frau Klaudia Salkovic-Lang ist ebenfalls leidenschaftliche Musikerin – und Langs Lieblingssängerin. Aus der Schreinerwerkstatt seines Vaters in Mitterfels wurde das Tonstudio „k langwerkstatt“. Dort nimmt er mit Nachwuchs- und Profikünstlern ihre Songs auf. Lang unterrichtet außerdem Musik an Schulen in Straubing und Umgebung.

Blickkontakt. Gelächter.

Ringlstetter: Ja, es gibt schon welche, wo es echt greislig ist (lacht weiter). Ein gewisser Regionalrassismus war schon immer da. Aber sobald man den ernst meint, ist es scheiße.

Lang: Das wollen wir nicht. Was uns erdet, merken wir, wenn wir durch das Land fahren.

Ringlstetter: Hier spürt man Energie. Die kleinen Orte mit ihren engagierten Leuten, die zusammen was bewegen in Vereinen oder Feuerwehren, sollte man viel mehr hervorheben. Weg vom Hochglanzbayern.

Lang: Manchmal brauche ich die Stadt-Hektik. Aber ich mag es auf dem Land, hier kann ich kreativ sein. Als Sohn des Bürgermeisters war es früher oft blöd, ich musste so brav sein.

Ringlstetter: (lacht) Ich bin mit zunehmendem Alter auch gerne auf dem Land. Es herrscht ein anderes Lebenstempo, und ich mag die Beschaulichkeit. Dort, wo ich wohne, spielt meine Prominenz eine untergeordnete Rolle. Die Leute fragen mich fünf Minuten aus, dann ist es wieder gut. Wenn du dich nicht anständig benimmst und geerdet bist, dann sagen sie dir halt, dass du ein Arschloch bist (lacht). Das finde ich viel beruhigender als die Aufgeregtheit um einen herum, mit der ich nichts anfangen kann. Für mich drücken auch „Niederbayern“, „Heast as ned“ von Hubert von Goisern und der punkigste Song von Musiker Haindling, „Gemein“, Heimat aus. 

Mehr lesen Sie in der Ausgabe 01/2023. Ein Video von Hannes Ringlstetter gibt es hier vorab:

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Matthias Jell

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