Der Obazde, der kein Obazder ist

Obazder schmeckt zur Brezen oder auf dem Brot. Foto: Sabrina Rauscher
Soviel vorweg: Dieses Familienrezept entspricht nicht der EU-Verordnung. Was wir seit mindestens drei Generationen als Obazden auf Familienfesten mit viel Lust verspeisen, darf sich nämlich gar nicht Obazder nennen, wie ich kürzlich erfuhr.
Das strenge Reglement für die Auszeichnung „Obazder“ erfüllen wir mit unserer Kreation nur zum Teil. Zwar enthält unser „Biergartenkäse“, wie der degradierte Aufstrich nun heißen muss, mehr als die vorgeschriebenen 40 Prozent Brie. Außerdem ist er auch – wie vorgeschrieben bei mir daheim in Straubing, also in Bayern – gemacht. Doch der Knackpunkt ist, dass wir anstatt des geforderten zweiten Käses – Romadur, Limburger oder Frischkäse – nur Schmelzkäse, in meiner Familie auch liebevoll „Eckerlkas“ genannt, unterheben. Der Grund für den Verzicht auf Romadur und Limburger ist, dass die Kinder in unserer Verwandtschaft die Mischung mit dem „stinkerten Kas“ gar nicht essen würden.
Der Name des milderen „Eckerlkas“ trifft übrigens eigentlich nicht mehr zu, denn den Schmelzkäse gibt es nicht mehr nur in der silbernen Folie als Eckerl in einer leckeren Rondell-Kombination, sondern mittlerweile auch in der praktischen 200-Gramm-Packung. Das spart einem das „Auspapierln“. Außerdem hat man gut das Mischungsverhältnis von Brie, den gibt es auch im 200-Gramm-Stück, und dem Schmelzkäse im Auge. Der ist eigentlich immer 50:50. Also wird zumindest hier die EU-Mindestanforderung übertroffen.
Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft erklärt außerdem, dass der EU-konforme Obazde „eine hellorange Farbe haben muss und erkennbare Stücke von Käse enthält. Außerdem muss er würzig-aromatisch riechen und leicht pikant schmecken. Der Käse muss bis zur gewünschten Stückigkeit zerkleinert werden und anschließend mit den übrigen Zutaten zu einer gleichmäßigen und streichfähigen Masse vermischt werden.“

Ehrlich gesagt, bis ich mir die Fachinformation der Landesanstalt ganz durchgelesen habe, ist schon eine Portion Obazder – Verzeihung „Biergartenkäse“ – fertig. 

In einer Blindverkostung hier in der Redaktion wurde die EU-Verordnung Nr. 1151/2012 frech von mir übergangen. Ganz wie von selbst sind eineinhalb Kilo „Biergartenkäse“ als Obazder in unserer Küche wie von selbst weggegangen, zusammen mit zwei Laib frischem Roggenbrot in dünne Scheiben geschnitten. Für diesen dreisten Schwindel möchte ich mich hier bei meinen Kollegen herzlich entschuldigen.

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Matthias Jell

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