Heilige auf den Deckenfresken, auf dem Boden Narrenfiguren. Dazwischen Stuck, der beide Welten verbindet: groteske Fabelwesen, die allerlei Schabernack treiben. In der berühmten Stiftsbibliothek der Abtei Waldsassen trifft barocke Lebensfreude auf klösterliche Askese – ein Gegensatz, der bis heute Rätsel aufgibt.
Erst 1661, nachdem die Oberpfalz an Bayern gefallen war, kamen erneut Zisterzienser aus der Zisterze Fürstenfeld zurück nach Waldsassen. Die fehlende Kontinuität ersetzte Abt Eugen Schmid mit einem Rückgriff auf eine Zeit und eine Persönlichkeit, in denen die Ordensgeschichte idealisiert werden konnte: das Bernhardinische Zeitalter. Vom einstigen Buchbestand – bei der zweiten Auflösung des Klosters 1803 waren es knapp 19 000 Bände – sind heute nur noch rund 5700 Bände übrig, die den Besitzvermerk des Klosters Waldsassen tragen und in der staatlichen Provinzialbibliothek Amberg aufbewahrt werden. Die 2 063 in hellem Leder gebundenen Bücher, die heute in der Stiftsbibliothek Waldsassen stehen, sind eine Dauerleihgabe aus Amberg, etwa 870 davon sind ehemalige Waldsassener Bände. Auch wenn der Buchbestand heute nicht mehr das Hauptmerkmal der Stiftsbibliothek ist, trägt er optisch zur Ästhetik des Raumes bei: Fällt die Nachmittagssonne durch die großen Fenster, wird der Raum mit seinen Holzschnitzereien in behaglich warmes Licht getaucht. Wie der Kunsthistoriker Edgar Baumgartl in seinem Kunstführer zur Stiftsbibliothek hinweist, ist gerade die helle Farbigkeit der Bücher wesentlich für den Gesamteindruck der Bibliothek als barockes Raumkunstwerk.
Zur
Geschichte der Klosterbibliothek
“Cisterciensische Geistigkeit am Beginn der Aufklärung”
Von Edgar Baumgartl
Großer Kunstführer 157. München/
Zürich: Schnell & Steiner, 1989. (Anm.
d. Red.: Vergriffen, aber antiquarisch
erhältlich)
“Der unermäßliche Schatz der Bücheren”
Von Georg Schrott
Wechselwirkungen von Literatur und
Geschichte im Zisterzienserkloster
Waldsassen (Studien zur Geschichte,
Kunst und Kultur der Zisterzienser 18).
Berlin: Lukas Verlag, 2003