Roding, Amerika, Tokio: Helmut A. Binser im Interview

Roding, Amerika, Tokio: Helmut A. Binser im Interview
Helmut A. Binser tourt über Bayerns Bühnen.
Helmut A. Binser tourt über Bayerns Bühnen. (Foto: Michael Heider)

Das Fichtenmoped ist für ihn die Motorsäge, den Trinkgeld-Verweigerer nennt er liebevoll „knickerter Hammel“: Helmut A. Binser, Musik-Kabarettist aus der Oberpfalz, tourt mit Gitarre und Quetschn über Bayerns Bühnen. Von seinen dialektalen Ergüssen bleibt niemand verschont. Humorvoll stellt der gebürtige Rodinger bayerische Eigenheiten zur Schau und macht den hintersten Hinterwäldler international salonfähig. Im Interview erzählt Binser, wie er sich der Fangemeinde an der örtlichen Wursttheke und im World Wide Web stellt.

Herr Binser, Ihr Erfolg beweist: Man kann der Cham-Further Senke entrinnen. Wie haben Sie das geschafft?

Helmut A. Binser: Durch die viele Rumfahrerei bin ich mittlerweile sogar noch verwurzelter hier auf dem Land. Da ich unterwegs immer so viele verrückte Leute treffe, bin ich oft heilfroh, wenn ich wieder heimkommen darf nach Runding City. Hier kann man übrigens sehr schön zum Wandern gehen.

Abgesehen von Ihnen – hat es der dialektal geprägte Bayerwäldler besonders schwer, bayernweites Ansehen zu genießen?

Ich glaube, das Bild hat sich gewandelt. Das Anarchische gewinnt an Attraktivität. In einer konformistischen, globalisierten grauen Gleichheit steigt die Bewunderung bunter Farbtupfer.

Wie reagiert das Publikum, wenn der Oberpfälzer mit seinen „ou“-Lauten aus dem Käfig gelassen wird?

Das kommt immer drauf an, wo(u) man gerade spielt in Bayern. Ich genieße es sehr, die verschiedenen Regionen vom Allgäu bis herüber zu den Unterfranken zu unterhalten. Es kommt vor, dass mich die Männer wegen meinem Dialekt auslachen, aber ihre Frauen hingegen fahren voll drauf ab. Damit kann ich persönlich eigentlich recht gut leben.

Sie treten auf mit schwarzem Shirt, schwarzer Jeans, schwarzem Hut und schwarzer Brille. Ist das der Bavarian Style of Nüchternheit?

Ich trage auch privat gerne eine Jeans und eine alte Lederjacke. Damit habe ich jetzt noch keinen Schönheitswettbewerb gewonnen, aber man sollte die Hoffnung nie aufgeben. In der Mode kenne ich mich einfach nicht so gut aus wie zum Beispiel beim Holzschneiden.

Wenn wir schon beim Sprachmix sind – in kurzweiligen Videokursen bringen Sie Menschen den hiesigen Lifestyle näher. Von gas, water, shit bis zum Schornbladl, wie viel Bairisch kann eine fremde Kultur vertragen?

Ich mag es sehr, wenn sich die Kulturen miteinander vermischen. Ich wollte mal einem serbischen Bekannten erklären, was ein Schnupftabak ist. Daher musste ich mir ein paar englische Wörter ausleihen und umbauen. Daraus entstand dann der Bavarian Influencer Channel mit den bairisch-englischen Videos. Das Format ist auch in Amerika sehr beliebt. Sogar aus Tokio kamen schon Rückmeldungen.

Wie wäre ein Leben ohne Mundart für Sie?

Ich finde es gut, dass es die Mundart gibt. Ich lebe ja in einem Urlaubsort im Bayerischen Wald. Da ist es immer sehr praktisch beim Brezen- und Semmelshopping in der Metzgerei, wenn man schon anhand der Sprache unterscheiden kann, wer jetzt vom Dorf ist und wer nicht. Die Einheimischen muss man nämlich grüßen!

Sehen Sie sich selbst als Retter der Mundart?

Die Mundart ist meiner Meinung nach nicht in Gefahr.

Worum geht es im neuen Bühnenprogramm „Bavarian Influencer“, mit dem Sie seit Januar auf Tour sind?

Es geht viel um meine Nachbarn. Ich finde, da liegt so einiges im Argen und man sollte dringend öffentlich darüber sprechen. Durch meine künstlerischen Projekte möchte ich so viel Geld verdienen, dass ich ihre Häuser zuerst aufkaufen und dann rückbauen lassen kann.

Die wichtigste Frage zum Schluss: Ist alkoholfreies Bier wirklich so schlimm wie eine biologische Zelle ohne endoplasmatisches Retikulum?

Kommt drauf an. Wenn man einen gscheidn Flechterer (Rausch), beziehungsweise Wenterer (Rausch) haben will, dann ist das alkoholfreie Bier definitiv kontraproduktiv. Wenn man allerdings ein Auto steuern muss, dann ist es eine willkommene Alternative zum geschmacksleeren Wasser.

Weitere Informationen zu Helmut A. Binser gibt es hier.

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Matthias Jell

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