Mehr als 200 circa sieben Zentimeter große Figuren tummeln sich auf dem schwäbischen Krippenberg. Maria, Josef, Ochs und Esel mittendrin – und natürlich das Jesuskind. Ein dreidimensionales Wimmelbild im Glaskasten. Die Krippe erzählt die Geschichte Christi in sechs Szenen – von der Geburt über die Anbetung der Könige, den bethlehemitischen Kindermord bis zur Hochzeit von Kana. Anton Schuster (1777 – 1835), Bildhauer aus Kellmünz an der Iller, hat sie im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts gebaut. Damit befeuerte er den gegen Ende des 18. Jahrhunderts in Mindelheim aufflammenden Krippenboom, sagt Friederike Haber, Leiterin des Schwäbischen Krippenmuseums.
Das Krippenverbot im Jahr 1804
In den vielen Kirchen und Klöstern in und um Mindelheim ahmten die Menschen die Jesuiten nach und bauten Krippen nach deren Vorbild auf. Doch dann kam das Zeitalter der Aufklärung. Krippen wurden verkauft, versteigert oder einfach entsorgt – 1804 gab es gar ein Krippenverbot. Privatleute retteten die kirchlichen Krippen. “Jeder wollte eine Krippe haben”, sagt Friederike Haber. “Wir wissen aus dem Mindelheimer Anzeigenblatt, dass man eingeladen hat zum Krippenschauen ins Privathaus. Man wollte zeigen, was für einen Schatz man hat.” Für Kinder sei sogar Eintritt verlangt worden.
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Eine Krippe, so groß wie ein ganzes Stockwerk
Facklers Krippe füllte aufgebaut angeblich das ganze Stockwerk eines Bürgerhauses. “Der Zug der Könige muss gigantisch gewesen sein”, sagt Friederike Haber. Heute ist nur noch ein kleiner Teil davon erhalten. Damit es nach mehr aussieht, wurde im Museum mit Spiegeln an der Vitrine “geschummelt”. Statt zwei Soldaten schreiten und reiten nun jeweils vier in einer Reihe hinter den Königen aus dem Morgenland her. Bekleidet mit reich verzierten, goldenen Gewändern drehen sich diese vor ihrem Zelt wie auf einer Spieluhr im Kreis.
Ein Paradies für Krippen
Mit ihrer Begeisterung für Krippen haben die Mindelheimer die gesamte Gegend zwischen Iller, Donau, Zusam und dem Allgäu angesteckt. Sie wird schwäbisches Krippenparadies genannt. In jeder noch so kleinen Gemeinde lassen sich spätestens seit dem 19. Jahrhundert begabte Laienschnitzer nachweisen, die ihre Werke auf den “Kripplesmärkten” der Region anboten. “In diesem Krippenparadies war das Schnitzen so in der DNA drin, da konnte jeder Bub schon von klein auf schnitzen”, sagt Friederike Haber.
Kein Weihnachten ohne Krippe
Weihnachten ohne Krippe? Das geht im Schwäbischen Krippenparadies gar nicht. “Die ist wichtiger als der Baum”, sagt Friederike Haber. Trotzdem kommt beim Rundgang durch das Museum kaum Weihnachtsstimmung auf. “Kennen Sie das Video zum Lied ‚The Power of Love’ von Frankie goes to Hollywood?”, fragt die Museumsleiterin. “Da sieht man die Weihnachtsszene: die Heiligen Drei Könige, den Stern, die Krippe.” In dem Lied gehe es gar nicht um Weihnachten, die Band habe aber wegen einer Tour keine Zeit für den Videodreh
gehabt. Und nun laufe das Lied unter dem Label “Weihnachten”. “Die haben das gleiche Problem wie ich”, sagt Friederike Haber. “Kein Weihnachtsmuseum. Ich wollte nicht, dass man reingeht und das Gefühl von Glühwein und Spekulatius hat.”
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