Freiwillig fast nichts essen, dabei fit sein und gut gelaunt? In der Malteser Klinik von Weckbecker in Bad Brückenau hat Heilfasten Methode. Vorbeugend und zum Lindern chronischer Krankheiten unterstützen Ärzte und Therapeuten die Fastenden auf ganzer Linie. Ein Erfahrungsbericht
Leise ächzt eine Frau. “Uuh”, stöhnt es von links. Ich keuche. Eine Faszienrolle liegt unter meinen Oberschenkeln. “Am Schmerzpunkt halten, bis es nachlässt”, erinnert Sporttherapeutin Laura Spindler. Ich bin im Kurs “Faszien-Regeneration”. Heute Morgen war ich schon stretchen, tautreten und 20 Minuten auf dem Ergometer. Was das mit Heilfasten zu tun hat? Es ist Teil eines Konzeptes. Denn so wie der Mensch nicht nur aus Knochen und Organen besteht, ist Heilfasten mehr als eine Diät – intensiver.
Schon vor der Ankunft habe ich Gesundheitsfragen beantwortet und einige Entlastungstage eingelegt. Die Umstellung soll leichter fallen, wenn man schrittweise Alkohol, Nikotin, Süßes, Kaffee, tierische Produkte und schwer Verdauliches reduziert, sich mit Gemüse und leicht Verträglichem satt isst. Ich bin motiviert – also kein Problem.
Tomatenbrühe, Roibuschtee und Bitterwasser
Richtig los geht es am Sonntagabend in der Klinik: mit Tomatenbrühe, die viele Schwebstoffe enthält. Ist es die Bioqualität, Kochkunst oder das bewusste Essen? Sie schmeckt sehr gut und macht satt. Mit Roibuschtee und einem Becher Bitterwasser gehe ich zufrieden auf mein Zimmer. Das war ja eine richtige Mahlzeit.
Montag: Der erste Fastentag
Mein Frühstück besteht in dieser Woche je aus einem Glas Saft, einer Spalte Zitrone und einem Glas warmem Ingwer-Kurkuma-Wasser, wahlweise Tee. Weil ich auf den frisch gepressten Möhrensaft allergisch reagiere, trinke ich im Wechsel Tomaten- und Rote-Bete-Saft.
Mittags und abends Zucchinibrühe
Mittags gibt es Zucchinibrühe mit Sprossen von rotem Rettich, zwischendurch Tee und Wasser, abends wieder Zucchinibrühe. Einen Teelöffel Cremehonig darf ich über jeden Tag verteilt in meinen Tee einrühren. Ich dürfte, aber habe höchstens fünfmal in dieser Woche ein wenig Honig in den Tee gerührt. Darauf bin ich stolz, zuhause wäre ich sicher öfter in Versuchung. Rund 350 Kilokalorien haben meine Mahlzeiten täglich. Sie unterstützen wichtige Stoffwechselprozesse und führen Vitamine und Mineralien in kleiner Menge zu, auch Salz.
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Fastenkrise – Halb so schlimm
Am Dienstagmorgen quält mich schlechte Laune. Dabei sind alle hier – Personal, Therapeuten, Ärzte und Mitfastende – nett, gut gelaunt. Die Stimmung ist auffallend positiv: aufmerksam, unaufdringlich fürsorglich. Viele kommen zu zweit. Paare oder Freundinnen, die jedes Jahr kommen, über 40-Jährige, denen der Beruf zu viel abverlangt oder chronisch Kranke. Ohne große Gruppendynamik sind Kurse individuell gemischt. Unter Gleichgesinnten komme ich leicht ins Gespräch: übers Fasten, persönliche Gründe, Lieblingsgerichte, Kultur oder Hobbys.
Der Stoffwechsel stellt sich um
Am Mittwoch wache ich erschöpft auf, fühle mich wackelig und kraftlos. Zur ersten Tasse Tee falle ich über die esslöffelgroße Portion Cremehonig her, die da seit Sonntag steht. Nun bin ich dankbar für den Energieschub. Beim Darmbad erzähle ich davon und werde umsorgt. Ein Wechselarmguss und Kreislauf-Tropfen bringen mich wieder ins Lot. Allein zuhause hätte ich nicht weitergewusst. Das war also meine “Fastenkrise”, die am zweiten, dritten Tag normal ist. Heute fällt mir die Gelbfärbung der Augen besonders auf. Der Stoffwechsel stellt sich um. Auch Kopfweh (Kaffeeentzug!), Blähungen, Seh- oder Schlafstörungen können diesen “Metabolic Switch” in den Fastenmodus begleiten. Nun geht es richtig los mit der Ketose, der Energiegewinnung aus Fetten, und der Autophagie, der körpereigenen Zellreinigung.
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Das 6-Gänge-Fastenmenü
Habe ich Saft und Brühe in den ersten Tagen schluckweise genossen, fange ich am Donnerstag an, mir Menüs zu basteln. Ein Schluck pur, ein Biss in die Zitrone, ein Schluck mit der Säure auf der Zunge, ein Schluck mit Zitronensaft, einer mit Pfeffer, einer mit Pfeffer und Zitrone: Sechs Gänge mal anders. Mittags das gleiche Spiel mit Suppe, Sprossen und Pfeffer. Langsam, dem Genuss nachspürend, intensiv schmeckend. Eine zweite Spalte Zitrone fühlt sich wie Luxus an.
Mein Fazit
Heilfasten bereichert, gibt Impulse und wirkt in Körper und Geist nach. Der Blutdruck sinkt, die Haut strahlt. Vier Wochen später fehlen immer noch rund zwei Kilogramm Gewicht, die Lust auf Bewegung ist geblieben. Ich genieße immer noch gründlich, ersetze manche Mahlzeit durch mein Saft-Menü und kneippe morgens. Warum bringt mir zuhause keiner einen Leberwickel?
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